Auch im dritten Absatz des § 94 SGB XII finden sich einige Ausnahmetatbestände, nach denen der Übergang von Unterhaltsansprüchen ausgeschlossen ist. Danach gehen Unterhaltsansprüche nicht über

Eine unbillige Härte kann entweder die Person des Unterhaltspflichtigen oder die des Unterhaltsberechtigten betreffen. Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen nicht als Härtegrund im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Betracht. Die öffentlich-rechtliche Regelung ist insoweit von den unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB abzugrenzen. Bei der Auslegung des Begriffs "unbillige Härte" ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen; daneben sind aber auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe, die Belange der Familie und die wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen sowie die soziale Lage der Beteiligten heranzuziehen . Eine unbillige Härte kann insbesondere vorliegen,

  • wenn die Höhe des Heranziehungsbetrages in keinem Verhältnis zu der dadurch zu befürchtenden nachhaltigen Störung des Familienfriedens steht,
  • wenn durch die Heranziehung das weitere Verbleiben der leistungsberechtigten Person in der Familie gefährdet erscheint,
  • wenn vor dem Hintergrund der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen eine unzumutbare Beeinträchtigung seiner Person und der übrigen Familienmitglieder zu befürchten ist,
  • wenn der Unterhaltspflichtige den Unterhaltsberechtigten bereits vor Eintritt der Sozialhilfe über das Maß hinaus betreut oder gepflegt hat,
  • wenn der Unterhaltspflichtige erhebliche Leistungen zur häuslichen Pflege erbringt und der Leistungsträger durch die geleistete Pflege weitere Leistungen erspart, die die erbrachte Sozialhilfeleistung übersteigen würden,
  • wenn die Zielsetzung der Hilfe infolge des Übergangs gefährdet erscheint.

Die BGH[1] hat ferner das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII für den Fall bejaht, dass es im Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers liegt, dass der Unterhaltsberechtigte nicht pflegeversichert ist und deshalb im später eingetretenen Pflegefall kein Pflegegeld bezieht. Gem. § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ist der Amtsermittlungsgrundsatz für die Feststellung der unbilligen Härte eingeschränkt. Den Sozialhilfeträger trifft keine Pflicht, von Amts wegen Gründe für eine unbillige Härte zu ermitteln. Die Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind aber von dem Sozialhilfeträger zu berücksichtigen, wenn sie nachgewiesen werden oder der Träger der Sozialhilfe auf andere Weise Kenntnis davon erlangt hat. Liegt eine unbillige Härte vor, ist der Anspruchsübergang nur ausgeschlossen, soweit eine unbillige Härte vorliegt. Der völlige Ausschluss des Anspruchsübergangs ist nicht die Regel. Vielmehr ist im Einzelfall je nach Ausmaß der Unbilligkeit zu beurteilen, inwieweit eine unbillige Härte zum Ausschluss oder nur zur Einschränkung des Anspruchsübergangs auf den Träger der Sozialhilfe führt.

[1] BGH, FamRZ 2015, 1594.

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