Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein befristeter Ausschluss des väterlichen Umgangsrechts bei großer Angst der Mutter vor einer (erneuten) Entführung des Kindes nach Ägypten erforderlich ist.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten waren die Eltern einer im Jahre 2007 geborenen Tochter Y. Die Kindesmutter hatte noch zwei ältere Kinder aus einer anderen Beziehung.

Am 29.6.2008 waren die Eltern mit ihrer Tochter nach Ägypten geflogen. Nach den zwischen ihnen streitigen Ereignissen in Ägypten haben sie sich dort im Juli 2008 getrennt und waren mittlerweile durch Urteil vom 5.5.2009 geschieden worden. Die Kindesmutter war zunächst alleine nach Deutschland zurückgekehrt. Am 26.8.2008 kehrte der Kindesvater mit der Tochter Y. zurück.

Der Kindesmutter war bereits durch Beschluss vom 15.8.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für Y. alleine übertragen worden. Diese Entscheidung wurde im Hauptsacheverfahren bestätigt.

Der Kindesvater hatte seine Tochter seit seiner Rückkehr am 26.8.2008 nicht mehr gesehen.

Anfang Oktober 2008 beantragte er, regelmäßigen Umgang mit seiner Tochter zu gewähren. Die Kindesmutter hat zunächst einen Umgangsausschluss bis zum 31.12.2009 und sich daran anschließend begleitende Umgangskontakte beantragt. Das AG hat nach Anhörung der Eltern am 22.1.2009 ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, indem dazu Stellung genommen werden sollte, ob eine Umgangsregelung oder ein Umgangsausschluss dem Wohl des Kindes entspricht.

In seinem Gutachten vom Februar 2009 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass ein Umgang zwischen Kindesvater und Tochter derzeit nicht deren Wohl entspreche, auch ein betreuter Umgang komme auf "absehbare Zeit" nicht in Betracht. Im Hinblick auf den Inhalt des Gutachtens hat die Kindesmutter sodann einen Ausschluss des Umgangsrechts für weitere fünf Jahre beantragt.

Auf Veranlassung des AG hat der Sachverständige sein Gutachten sodann im Juli 2009 ergänzt.

Mit Beschluss vom 29.10.2009 hat das AG ein begleitetes monatliches Umgangsrecht für die Dauer eines Jahres angeordnet, wobei die Umgangskontakte in der Familienambulanz durchgeführt werden sollten und der Kindesvater zuvor seinen Pass abgeben sollte. Den Antrag der Kindesmutter auf Ausschluss des Umgangs hat das AG zurückgewiesen.

Hiergegen richteten sich die Beschwerden der Kindesmutter und des Verfahrenspflegers.

Die Rechtsmittel erwiesen sich als in der Sache überwiegend begründet und führten zur Aufhebung des Beschlusses des erstinstanzlichen Gerichts.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war der Antrag des Kindesvaters auf ein monatliches Umgangsrecht mit der Tochter zurückzuweisen, den Anträgen der Kindesmutter und des Verfahrenspflegers auf Anordnung eines Umgangsausschlusses hingegen sei für einen Zeitraum bis zum 30.6.2012 zu entsprechen.

Der Umgang des Vaters mit seiner Tochter sei derzeit auszuschließen, weil durch die Gewährung eines Umgangsrechts das Wohl des Kindes konkret gefährdet sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bestehe bei Durchführung des Umgangsrechts mit dem Kindesvater eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass Y. in ihrer geistig-seelischen Entwicklung Schaden nehme. Da die Kindesmutter und die Halbgeschwister der Tochter dem Kindesvater ablehnend und ängstlich gegenüberständen, würde die Tochter bei Durchführung der Umgangskontakte in einen Loyalitätskonflikt geraten, der nach den sachverständigen Feststellungen mit Sicherheit zu ihrer seelischen Beeinträchtigung führen würde.

Der Sachverständige habe durch eine sorgfältige und ausführliche Exploration der Kindesmutter eruiert, dass diese durch die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in Ägypten nachhaltig verstört worden und in eine Ablehnungshaltung ggü. dem Kindesvater gefangen sei, die sie - wenn überhaupt - nur durch eine mehrjährige Psychotherapie überwinden könne.

Die Ablehnungshaltung der Kindesmutter sei gut nachvollziehbar. Der Kindesvater habe eingeräumt, dass er den gemeinsamen Aufenthalt in Ägypten dazu benutzt habe, die Tochter der Mutter zu entziehen. Er sei ohne vorherige Ankündigung zur Nachtzeit unter Mitnahme der Tochter und der Reisepässe aus dem Hotelzimmer verschwunden und habe die Kindesmutter ohne jede Nachricht vom Schicksal ihres Kindes gelassen. Das negative Bild des Kindesvaters sei in der Familie der Kindesmutter verfestigt. Durch die Gewährung von Umgangskontakten würde die Tochter, der die ablehnende Haltung der Familie nicht verborgen bleiben könne, nachhaltig verstört und das gedeihliche Zusammenleben in der Familie gefährdet werden.

Unter Berücksichtigung der sachverständigen Feststellungen hätten sich auch der Verfahrenspfleger und das Jugendamt eindeutig gegen Umgangskontakte zwischen der Tochter und dem Kindesvater zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgesprochen.

Danach müsse auch unter Berücksichtigung des grundgesetzlich geschützten Rechts des Kindesvaters dessen Umgang mit seinem Kind ausgeschlossen werden. Der Ausschl...

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