Leitsatz

Getrennt lebende Eltern stritten darüber, welchem Elternteil die Entscheidungsbefugnis für die Anmeldung und den Schulbesuch ihrer Tochter M. zustehen sollte. Die Kindesmutter, bei der sowohl M. als auch ihre Schwester J. lebte, wollte, dass M. auch weiterhin die Grundschule in B. besucht, die für das Kind fußläufig zu erreichen war. Der Kindesvater hingegen hielt es für sachgerecht, das M. wie früher die Schule in C. besucht. Er erklärte sich bereit, den Fahrdienst für das Kind zu übernehmen.

Das Familiengericht hat durch Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren nach Durchführung eines Anhörungstermins aller Beteiligten der Kindesmutter die Entscheidung über die Anmeldung und den Schulbesuch der Tochter M. übertragen. Zur Begründung wurde angeführt, dass M. bei der Kindesmutter in B. lebe und sie von dort aus nicht längere Zeit zur Schule gefahren werden müsse.

Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde.

Er vertrat die Auffassung, dass sein Umgangsrecht nicht ausreichend sei. Für das Kind sei es besser, wenn es vom Vater zur Schule gefahren werde, als dass es vor dem Schulbeginn aufgrund des frühen Arbeitsbeginns der Kindesmutter allein in der Wohnung sei. Im Übrigen entspreche dies auch dem Wunsch des Kindes.

Das Rechtsmittel des Vaters blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Voraussetzungen des § 1628 S. 1 BGB für gegeben, wonach für den Fall, dass sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheit der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung sei, nicht einigen könnten, auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil zu übertragen sei.

Die beteiligten Eltern seien Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge und nicht in der Lage, sich in einer einzelnen Angelegenheit betreffend die elterliche Sorge - hier den Schulbesuch der Tochter M. - zu einigen.

Die Rechtsnorm, nach der ein solcher elterlicher Sorgekonflikt geregelt werde, sei § 1628 BGB in seiner Abgrenzung zu § 1687 Abs. 1, S. 2 und 3 BGB. Es stelle sich damit zunächst die Frage, ob überhaupt ein Bereich tangiert sei, in dem die gemeinsame elterliche Sorge sich zu bewähren habe. Es sei zu unterscheiden zwischen den Regelungsbereichen, in denen die Mutter unter deren alleiniger tatsächlicher Obhut das Kind nach der Trennung lebe, allein zu entscheiden habe und denen, die einer gemeinsamen Entscheidung bedürften. Die Entscheidung sei auch nicht etwa deshalb hinfällig, weil die Mutter die Schulanmeldung zur Grundschule in B. bereits vorgenommen habe und das Kind diese Schule nach dem Umzug der Mutter bereits besuche.

Das OLG stellte ebenso wie das erstinstanzliche Gericht anlässlich der Entscheidungsfindung und nach Anhörung sowohl der Eltern, des Kindes, des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes alle für und gegen das Kindeswohl sprechenden Gründe gegenüber und wägte sie gegeneinander ab.

Da die Schule in B. Betreuungsmöglichkeiten am frühen Morgen anbiete, sich in unmittelbarer Nähe des Wohnortes der Mutter befinde und von dem Kind innerhalb von 10 Minuten fußläufig erreicht werden könne, spreche viel für die Fortsetzung des Schulbesuches dort. Hinzu komme, dass das Kind selbst den dortigen Schulbesuch präferiere, sich am dortigen Ort auch die weiterführenden Schulen befänden und es trotz der Erwerbstätigkeit Mutter nicht zu erheblichen unbeaufsichtigten Zeiten komme.

Der teilweise mögliche Verlust des bisherigen sozialen Umfeldes wiege nicht so schwer, dass aus Gründen des Kindeswohls ein weiterer Schulbesuch in C. notwendig sei. Im Zuge einer Trennung von Kindeseltern komme es regelmäßig zu einem Wechsel des sozialen Umfeldes, den die Kinder erfahrungsgemäß gut verkrafteten. Die Anhörung von M. habe ergeben, dass es dem Kind in der neuen Schule in B. gut gefalle und es dort schon eine Freundin gefunden habe. Im Übrigen sei das Kind auch regelmäßig an seinem alten Wohnort, um Kontakte zu seinem bisherigen Umfeld zu halten.

Mit Blick auf die Zukunft sei es daher im Interesse und zum Wohl des Kindes besser, wenn es sich an seinem dauerhaften Lebensmittelpunkt auch über den Schulbesuch ein neues soziales Umfeld aufbauen könne.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 07.12.2010, 10 UF 186/10

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