Bei alleiniger elterlicher Sorge des verstorbenen Elternteils richtet sich das Verfahren nach dem Anlass, auf den sich die Alleinsorge gründet.

Beruht die Übertragung der Alleinsorge auf einer Entscheidung nach § 1671 I BGB, also darauf, dass die Alleinsorge dem Kindeswohl am besten entsprach, ist die Übertragung auf den Überlebenden vorzunehmen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es handelt sich demnach um keinen hohen Prüfungsmaßstab. Dies wird damit begründet, dass der Elternteil, dem abgeleitet die elterliche Sorge übertragen werden soll, bereits zuvor einmal Inhaber der elterlichen Sorge war.

Anderenfalls ist ein Vormund zu bestellen.

Stand der Kindesmutter die elterliche Sorge allein zu, weil sie (1) weder mit dem Kindesvater verheiratet war noch (2) eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben hatte oder sie (3) vom Familiengericht auch dem Vater zugesprochen worden war, § 1626a BGB, und auch die elterliche Sorge stets allein ausgeübt hatte, ist zu prüfen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge auf den überlebenden Kindesvater dem Kindeswohl dient. Es müssen also überwiegende Vorteile für das Kind erkennbar sein. Dies ist notwendig, weil es – bisher – an einer vertrauensvollen Bindung zwischen Vater und Kind fehlt. Er muss als kindesfern und desinteressiert gelten, so dass sein Einrücken in das Sorgerecht positiv legitimiert werden muss.

Hat er die Sorge tatsächlich längere Zeit (mit) ausgeübt, sind die Prüfungsvoraussetzungen zu erleichtern, also zu klären, ob die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Ist ein Vormund zu bestellen, wird die Prüfung seiner Eignung nach mehreren Eignungsmerkmalen erfolgen:

  • Persönliche Verhältnisse
  • Vermögenslage, wirtschaftliche Zuverlässigkeit
  • Berufliche Umstände
  • Familiäre Belastungen
  • Gesundheit
  • Mutmaßlicher Wille der Eltern
  • Naher Verwandter als möglicher Vormund
  • Fähigkeit zur Interessenvertretung des Kindes.

Eine Bestimmung des Vormunds ist in den Fällen alleiniger elterlicher Sorge möglich. Es können auch bestimmte Personen oder Personengruppen (z. B. "alle Verwandte") von der Vormundschaft ausgeschlossen werden, § 1782 BGB. Benennungen können auch befristet oder unter Bedingungen gestellt werden.

Allgemeine Hinweise zur Vormundschaft:

Die Vormundschaft ist innerhalb des Familienrechts die auf Dauer eingerichtete Fürsorge für die Person und das Vermögen des Mündels.

Sie grenzt sich sachlich ab von

  • der Betreuung (§§ 1896 – 1908 k BGB) als rechtliche Unterstützung des Betreuten in Bezug auf einen festgelegten Aufgabenkreis;
  • der Pflegschaft (§§ 1909 – 1921 BGB) als Hilfe für einzelne Angelegenheiten in besonderen Fällen der Verhinderung des Betroffenen oder seiner gesetzlichen Vertreter;
  • der Beistandschaft des Jugendamtes (§§ 17121717 BGB) als besonders ausgestaltete Form der Pflegschaft für Kinder für einen gesetzliche bestimmten Aufgabenkreis, nämlich zur Feststellung der Vaterschaft und zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§ 1712 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB).

Die Vormundschaft ist seit dem In-Kraft-Treten des BtrG am 1. 1. 1992 auf Minderjährige (vgl. §§ 2 BetrG i. V. m. 1773 Abs. 1 BGB) beschränkt. Damit endet die Vormundschaft per Gesetz beim Eintritt der Volljährigkeit. Für die rechtliche Unterstützung volljähriger Personen sind die Bestimmungen über die rechtliche Betreuung anzuwenden. Soweit das Fürsorgebedürfnis beim Eintritt der Volljährigkeit weiter besteht, ist eine Betreuung anzuordnen.

Allgemeine Voraussetzung für die Anordnung einer Vormundschaft ist das Bestehen eines Fürsorgebedürfnisses. Dieses besteht, wenn

  • keine elterliche Sorge besteht (Doppelwaisen), §§ 1773 Abs. 1 Alt. 1, 1626, 1629 BGB;
  • die Eltern oder ein Elternteil weder Personen- noch Vermögenssorge ausüben können, z. B. weil ihnen das Sorgerecht entzogen wurde (§ 1666 BGB) oder weil der allein sorgeberechtigte Elternteil verstirbt und das Gericht dem anderen Elternteil das Sorgerecht nicht überträgt.

Grundsätzlich übt das Familiengericht die Aufsicht über den Vormund aus.

Die Aufsicht bezieht sich insbesondere auf die Anlegung und Verwaltung des Vermögens des Mündels durch den Vormund, wozu das Gesetz umfangreiche Regeln getroffen hat. Schwerpunkte sind

Das Familiengericht kann den Vormund durch Zwangsmaßnahmen nach § 1837 II BGB zur Befolgung seiner Pflichten anhalten und ihm Gebote und Verbote erteilen (§ 1837 I BGB).

Der Vormund haftet dem Mündel für schuldhafte Vermögensschädigungen nach § 1833 I BGB. Für Amtspflichtverletzungen des Rechtspflegers kommt die Haftung nach § 839, Art. 34 GG in Betracht.

Die Beendigung der Vormundschaft tritt in folgenden Fällen ein:

  • Tod des Mündels, § 1884 BGB,
  • Volljährigkeit des Mündels, §§ 2, 1773 BGB,
  • Eintritt oder Wiedereintritt der elterlichen Sorge, z. B. bei Annahme als Kind (§ 1754 BGB) oder bei Beendigung des...

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