Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Alleinsorge nach § 1626a Abs. 3 BGB der Mutter zu, so kann der Vater mit Zustimmung der Mutter beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge alleine überträgt – § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Damit ist bereits der Antrag und nicht erst die Übertragung von der Zustimmung der Mutter abhängig. Fehlt diese Zustimmung, so ist ein dennoch gestellter Antrag ohne weiteres als unzulässig zu verwerfen.[1] Die Zustimmung der Mutter kann noch innerhalb des Verfahrens erklärt werden.[2] Bis zur Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz kann die Kindesmutter die Zustimmung jedoch frei widerrufen.[3]

Eine Ausnahme gilt nur gem. § 1751 I BGB, wenn die allein sorgeberechtigte Mutter in eine Adoption eingewilligt hat. Dann bedarf der Antrag des Vaters gem. § 1671 Abs. 2 BGB nicht ihrer Zustimmung.

Ein Wechsel der Alleinsorge setzt voraus, dass die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben.

Leben die Eltern nicht getrennt, so lässt sich eine Alleinsorge des Vaters nicht herbeiführen. Möglich ist hier die Herbeiführung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklärung. Auch ein anschließendes Verfahren gem. § 1671 BGB setzt Getrenntleben der Eltern voraus. Damit wird an dem Grundsatz festgehalten, dass das Kind einen sorgeverpflichteten Elternteil aus anderen, als tatsächlichen Gründen (z. B. Tod, tatsächliche Verhinderung) oder in Folge konfliktträchtiger Situationen (insbesondere Kindeswohlgefährdung) nicht verlieren darf.[4]

Dem mit Zustimmung der Mutter gestellten Antrag auf Übertragung ist nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB stattzugeben, wenn die Übertragung dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Auch in diesen Fällen erfolgt lediglich eine "negative Kindeswohlprüfung". Das Gesetz sieht bei Zustimmung der Kindesmutter die Übertragung daher als widerlegbaren Regelfall an. Anderes gilt, wenn das über 14-jährige Kind der Übertragung widerspricht.[5]

Der Grundsatz der Erziehungskontinuität sollte in Grenzfällen den Ausschlag für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes geben.

In der Regel wird aber schon die Zustimmung der Mutter zur Übertragung der Sorge auf den Vater ein Indiz dafür sein, dass der Sorgewechsel dem Wohle des Kindes nicht widerspricht. Bestehen bei Antragstellung Zweifel, ob das Gericht die Kindeswohlprüfung bejaht, so besteht eine "Umgehungsmöglichkeit". Wollen die Eltern übereinstimmend – und dies ist Voraussetzung für § 1671 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB – die elterliche Sorge auf den Vater übertragen wissen, so besteht die Möglichkeit, zunächst durch Sorgeerklärung die gemeinsame Sorge herbeizuführen und dann danach einen übereinstimmenden Antrag gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB auf Übertragung der Alleinsorge auf den Vater zu stellen. Sodann findet keine Kindeswohlprüfung statt, es sei denn, das mindestens 14 Jahre alte Kind widerspricht, § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB.[6]

Diese Umgehungsmöglichkeit wurde im Gesetzgebungsverfahren erkannt. Es sei jedoch wenig wahrscheinlich, dass von dieser Umgehungsmöglichkeit häufig Gebrauch gemacht würde.[7] Gem. § 1671 Abs. 1 BGB ist auch ein Teil der elterlichen Sorge alleine auf den Vater übertragbar. Die Übertragung eines Teils richtet sich entweder nach dem Umfang der Zustimmung der Kindesmutter oder aber nach der Notwendigkeit einer (Teil-)Übertragung gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller erfolgt ohne Zustimmung der Kindesmutter, wenn eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt "und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht", § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

§ 1671 Abs. 2 BGB erfasst daher die Fälle, in denen ein Vater bei Alleinsorge der Mutter (§ 1626 a Abs. 3 BGB) die Übertragung des (alleinigen) Sorgerechts auf sich erstrebt.

Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Abs. 1 Satz 1 BGB, gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626 a Abs. 2 BGB als Antrag nach § 1671 Abs. 2 BGB. Dem Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Auch hier ist lediglich eine negative Kindeswohlprüfung durchzuführen.[8]

Wird der gem. § 1626a Abs. 3 BGB allein sorgeberechtigten Mutter gem. § 1666 BGB die elterliche Sorge entzogen, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem Vater gem. § 1680 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 BGB zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl dient.[9] Dies bedeutet umgekehrt, dass die Übertragung der elterlichen Sorge nicht nur dann ausscheidet, wenn sie kindeswohlgefährdend wäre, sondern schon dann, wenn ihr weniger gewichtige Nachteile für das Kind entgegenstehen, die im konkreten Fall die Übertragung als dem Wohl des Kindes widersprechend erscheinen.[10]

Unterhalb der Schwelle des § 1666 BGB hat somit das Kind bisher keine Aussicht, seinen Vate...

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