Als körperliche Misshandlung werden Verletzungen des Kindes bezeichnet, die aktiv durch Erwachsene (meist Sorgeberechtigte) verübt werden.

Sie umfasst alle gewaltsamen Handlungen, die dem Kind körperliche Schäden und Verletzungen zufügen.

Mit den körperlichen Misshandlungen sind regelmäßig auch psychische Misshandlungen verbunden, das Kind erfährt nicht ausschließlich den körperlichen Schmerz: es erlebt Bedrohung, Feindseligkeit und Gewalt seitens einer Person, die es dennoch liebt und auf die es in jeder Hinsicht angewiesen ist.

Die Folgen von Misshandlungen sind neben körperlichen Verletzungen und psychischen Krankheiten Kontakt- und Konzentrationsstörungen, auffälliges Sozialverhalten u.v.m.

Natürlich zieht nicht jede – in der Regel aus der elterlichen Situation der Hilflosigkeit heraus – verabreichte Ohrfeige Schäden des Kindes und damit notwendige Maßnahmen nach sich. Häufige Schläge, durch die das Kind ängstlich, verstört und verschüchtert wird, stellen jedoch einen Missbrauch des Sorgerechts dar.[1]

Grundsätzlich bleibt jedoch festzuhalten, dass das Schlagen eines Kindes durch keinerlei Erziehungszweck gerechtfertigt ist.[2]

Ist aber kein Verstoß gegen das "Übermaßverbot" erkennbar und besteht keine Wiederholungsgefahr, hat ein Einschreiten zu unterbleiben.[3]

Auch in der Duldung des Schlagens durch den anderen Elternteil kann im Übrigen ein Sorgerechtsmissbrauch liegen.[4]

Die Folge kann der – ggf. partielle – Entzug des Sorgerechts sein.[5]

Konsequenz von Misshandlungen, aber auch von anderen Schädigungsursachen sind häufig Traumatisierungen der Kinder. Sind Eltern, weil sie oder einer von ihnen Täter, also Schädiger ist, nicht in der Lage, den äußeren sicheren Rahmen zu geben, der die vor äußeren Störungen geschützte Durchführung einer verlässlichen, erfolgreichen Therapie des Kindes gewährleistet, ist die elterliche Sorge zu entziehen.[6]

Es lässt sich darüber streiten, in welche "Kategorie" die Beschneidung bzw. genitale Verstümmelung hineingehört. Es handelt sich ebenso um eine körperliche Misshandlung wie um eine seelische Misshandlung, eine Verletzung von Körper und Seele, die lebenslang im wahrsten Sinne des Wortes die Betroffenen "verstümmelt" mit ungeheuren Folgen. Es bedarf daher nur geringer Anzeichen für eine entsprechende Gefahr, um einen Eingriff nach § 1666 BGB zu rechtfertigen.[7]

Allerdings kann nicht jede geplante Reise in ein Hochrisikoland hinsichtlich einer Genitalverstümmelung dazu führen, dies zu verbieten. Es sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

So gehört zwar z. B. Äthiopien zu den Hochrisikoländern. 74 % der weiblichen Bevölkerung sind von der Genitalverstümmelung betroffen. Jedes zweite Mädchen wird verheiratet, bevor es das 14. Lebensjahr erreicht hat. Bei zwei von drei Mädchen beginnt die Ehe nach einer Studie des ORC Macro (eines amerikanischen Forschungsinstituts) mit einer Entführung und vielfach auch mit einer Vergewaltigung. Ihre Eltern müssen den Täter als Schwiegersohn akzeptieren, wollen sie die Ehre der Tochter retten.

Fehlen bei einer Reise in ein solches Land allerdings jegliche konkrete Anhaltspunkte für eine drohende Verletzung des Kindeswohls, ist ein Eingriff in die elterliche Sorge nicht zu rechtfertigen. Im konkreten, vom OLG Karlsruhe zu entscheidenden Fall waren nicht nur die Eltern des Kindes glaubhaft gegen eine Beschneidung. Die Nachforschungen bei den zu besuchenden Großeltern in Addis Abeba durch die dortige Botschaft haben zusätzlich ergeben, dass auch diese, in gutbürgerlichen Verhältnissen nach mitteleuropäischem Standard lebend, ebenfalls strikt gegen solche archaischen Verhaltensweisen eingestellt sind, sich lange in Europa, den USA und Kanada aufgehalten hatten und mit eigenen Mitteln eine Grundschule und einen Kindergarten gegründet hatten.

Ein Besuch bei diesen Großeltern unter Mitnahme der Tochter hat daher keinen Anlass zum Eingriff in die elterliche Sorge gegeben.[8]

Eine sehr seltene Form der Kindesmisshandlung erfolgt bei Erkrankung (in der Regel) der Kindesmutter am sog. "Münchhausen-by-proxy"-Syndrom, auch" Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom" genannt. Es handelt sich darum, dass Erwachsene, fast ausschließlich Frauen, in der Regel Mütter, zur Erregung von Aufmerksamkeit im sozialen Umfeld, bei Kindern Krankheiten vortäuschen oder, häufiger noch, Erkrankungen aktiv erzeugen und medizinische Behandlung verlangen. Es kann im Einzelfall zum Tod des betroffenen Kindes kommen.

Das OLG Celle[9] hat meines Wissens als erstes Obergericht einen solchen Fall judiziert.

Die Problematik liegt darin, dass der Nachweis äußerst schwierig ist. Die Krankheit (der Mutter) zeichnet sich gerade dadurch aus, dass die Mütter außerordentlich behütend wirken, ja ihren Kindern im Krankenhaus nicht von der Seite weichen, eine persönliche Bindung zu den Pflegekräften aufzubauen versuchen und dadurch gerade das gegenteilige Bild zu einer vernachlässigenden, misshandelnden Mutter bieten.[10]

[1] BayObLG, DAVorm 1983, 78 ff., 82.
[2] a. A. Münchener Kommentar-Hinz...

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