Leitsatz

Zur nachträglichen Eintragung eines bisher nicht gebuchten (schuldrechtlichen) Sondernutzungsrechts ist grundsätzlich die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer notwendig; dies gilt auch dann, wenn der teilende Eigentümer zugleich mit der Zuweisung des Sondernutzungsrechts an den Ersterwerber einen noch nicht erledigten Eintragungsantrag gestellt hat

 

Normenkette

§§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 1 WEG; § 29 Abs. 1 GBO

 

Das Problem

  1. E erwirbt 1994 von Bauträger B das Teileigentum T. Im Erwerbsvertrag ist bestimmt, dass "mitverkauft und im Kaufpreis" enthalten ist das Sondernutzungsrecht an dem Kellerraum Nr. AK 4 sowie an den oberirdischen Kfz-Stellplätzen Nr. 3, 4, 5 und 6. Unter der Überschrift "Sondernutzungsrechtszuweisung" ist ausgeführt:

    "B weist hiermit das mitverkaufte Sondernutzungsrecht an dem Kellerraum Nr. AK 4 und an den oberirdischen Kfz-Stellplätzen Nr. 3, 4, 5 und 6 dem Teileigentum T zu und bewilligt; alle Vertragsteile beantragen die Eintragung der Zuweisung im Grundbuch. Dieser Antrag ist selbstständig."

    Die Sondernutzungsrechte werden indessen trotz entsprechenden Antrags aus 1995 nicht als Inhalt des Sondereigentums eingetragen.

  2. Mit notarieller Urkunde aus dem April 2013 veräußert E das Teileigentum T an E 2. Vermerkt ist die Einräumung der Sondernutzungsrechte als Bestandteil des Kaufgegenstands. Der Notar beantragt die Eintragung einer Eigentumsvormerkung und Zuweisung der Sondernutzungsrechte.
  3. Das Grundbuchamt weist den Antrag auf Eintragung der Zuweisung der Sondernutzungsrechte zurück. Die nachträgliche Eintragung eines bisher nicht gebuchten Sondernutzungsrechts sei unzulässig. Es könne nicht in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO durch öffentliche Urkunde nachgewiesen werden, dass das Recht nicht außerhalb des Grundbuchs übertragen wurde. Die angebotene eidesstattliche Versicherung reiche nicht aus. Zur Eintragung des Sondernutzungsrechts seien daher die Bewilligung sämtlicher Eigentümer sowie die Zustimmung sämtlicher Gläubiger der an den Einheiten lastenden Rechte erforderlich. Unerheblich sei, ob im Jahr 1995 ein wirksamer Eintragungsantrag gestellt wurde, da dies nichts an der Tatsache ändere, dass das Sondernutzungsrecht in einem Zeitraum von fast 20 Jahren ohne Verlautbarung im Grundbuch an einen anderen Wohnungseigentümer übertragen worden sein könnte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Entscheidung

  1. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Es sei nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, dass die Sondernutzungsrechte zum veräußerten Teileigentum T gehörten.
  2. Ein Sondernutzungsrecht als Form der Gebrauchsregelung gemeinschaftlichen Eigentums (§ 15 Abs. 1 WEG) könne im Grundbuch eingetragen werden (vgl. § 10 Abs. 3 WEG). Zu dessen Wirksamkeit bedürfe es aber keiner Eintragung. Es sei auch möglich, in der Teilungserklärung den teilenden ursprünglichen Alleineigentümer zu ermächtigen, Sondernutzungsrechte, die keinem bestimmten Sondereigentum zugeordnet seien, ohne die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer einem Sondereigentum zuzuweisen. Der Eigentümer des Sondereigentums könne das ihm zugewiesene Sondernutzungsrecht, auch ohne dass dies im Grundbuch verlautbart wird, durch Abtretung nach § 398 BGB an ein anderes Mitglied der Gemeinschaft übertragen. Die Weiterveräußerung des Sondereigentums führe auch grundsätzlich – ohne dass die Abtretung im Kaufvertrag ausdrücklich verlautbart sein müsste – zum Übergang des schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts nach § 746 BGB. Dazu komme es aber nicht, wenn der jeweilige Voreigentümer das Sondernutzungsrecht ganz oder teilweise auf andere Miteigentümer übertragen hatte. Denn dann stehe das Recht einem anderen Wohnungseigentümer zu. Da sich der Vorgang außerhalb des Grundbuchs abspiele, sei dessen Publizität insoweit eingeschränkt.
  3. Mangels bisheriger Eintragung (vgl. § 10 Abs. 3 WEG) spreche auch keine Vermutung (§ 891 BGB) für die Zugehörigkeit eines – einmal zugewiesenen – Sondernutzungsrechts zum gegenständlichen Teileigentum T. Es sei weder auszuschließen noch gänzlich unwahrscheinlich, dass dies in der Vergangenheit auch geschehen sei. Ein Nachweis durch eidesstattliche Versicherung sei – von hier nicht vorliegenden Sonderfällen abgesehen – im Eintragungsverfahren unzulässig.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Ein "Sondernutzungsrecht" ist eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer vor allem zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Man unterscheidet zwischen schuldrechtlichen und "verdinglichten" Sondernutzungsrechten. Ein Sondernutzungsrecht ist "verdinglicht", wenn es Inhalt des Sondereigentums ist. Ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht wird nach § 398 BGB übertragen. Bei einem verdinglichten folgt das Recht dem Recht am Sondereigentum.
  2. Die Ansicht, ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht gehe nach § 746 BGB auf den Erwerber eines Wohnungseigentums über, ist zwar herrschend, aber umstritten und tatsächlich nicht gut vertretbar. Besser ist es daher immer, wenn der Notar im Kaufvertrag dafür sorgt, dass ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht aus...

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