Leitsatz

Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer gemäß §§ 675, 666, 259 BGB das Recht, die Abrechnung zu prüfen und die Belege einzusehen

 

Normenkette

§§ 259, 666, 675 BGB

 

Das Problem

  1. Ein Wohnungseigentümer wendet sich mit seiner Anfechtungsklage gegen die Genehmigungsbeschlüsse gegenüber der Gesamtabrechnung und den Einzelabrechnungen 2011 sowie dem Genehmigungsbeschluss gegenüber dem Wirtschaftsplan 2012.
  2. Er macht geltend, sein Prüfungsrecht sei durch die Verweigerung der Belegeinsicht vor der Versammlung verletzt worden, sodass der Beschluss über die Abrechnung insgesamt für ungültig zu erklären wäre. Der Beschluss zum Wirtschaftsplan "Es wurde mit 2 Enthaltungen beschlossen, dass der derzeitige Wirtschaftsplan mit den laufenden Wohngeldern solange unverändert fortgelten und insoweit Rechtsgrund für künftige Wohngeldzahlungen bleiben soll, bis auf einer zukünftigen Eigentümerversammlung ein neuer Beschluss gefasst wird" sei in Ermangelung einer Beschlusskompetenz sogar nichtig.
 

Entscheidung

  1. Die Beschlüsse zur Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen 2011 seien für ungültig zu erklären.
  2. Grundsätzlich habe jeder Wohnungseigentümer gemäß §§ 675, 666, 259 BGB das Recht, die Abrechnung zu prüfen und die Belege einzusehen (Jennißen, in Jennißen, WEG, 3. Aufl. 2010, § 28 Rn. 171). Die Abrechnung müsse dem Wohnungseigentümer so rechtzeitig zugehen, dass er sie in zumutbarer Weise vor Beschlussfassung prüfen kann. Ansonsten sei der Beschluss allein aus diesem Grund anfechtbar. So läge es hier. Lege man die Darstellung des klagenden Wohnungseigentümers zugrunde, so sei sein Prüfungsrecht durch die Verweigerung der Belegeinsicht vor der Versammlung verletzt worden, sodass der Beschluss über die Abrechnung insgesamt für ungültig zu erklären wäre. Aber auch nach Vortrag der anderen Wohnungseigentümer sei das Recht auf Belegeinsicht verletzt worden. Der Verwalter durfte den Wohnungseigentümer nicht an ein Beiratsmitglied verweisen. Aus § 269 Abs. 1, Abs. 2 BGB folge, dass das Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben sei (BGH v. 11.2.2011, V ZR 66/10, NJW 2011 S. 1137). Der Verwalter sei grundsätzlich nicht berechtigt, den Wohnungseigentümer auf einen anderen Ort der Einsichtnahme zu verweisen. Dass eine Ausnahme von diesem Grundsatz geboten war, hätten die beklagten Wohnungseigentümer nicht dargelegt.
  3. Der Beschluss über den Wirtschaftsplan 2012 sei – wie vom Kläger angenommen – nichtig. Ein Beschluss über die generelle Fortgeltung eines beschlossenen Wirtschaftsplans ist bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig (Jennißen, in Jennißen, WEG, 3. Aufl. 2010, § 28 Rn. 35). Rechtlich zulässig sei es nur, lediglich die Fortgeltung eines Wirtschaftsplans zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan durch Beschluss festzulegen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Jeder Wohnungseigentümer – auch der ausgeschiedene, sofern er noch betroffen ist – hat einen Anspruch gegen den Verwalter auf Gewährung von Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen. Das Landgericht nimmt nun an, dass die Nichtgewährung dazu führt, dass der Beschluss, dem das Einsichtsverlangen galt, allein aus diesem Grund fällt. Mich überzeugt das in Ermangelung einer besseren Alternative.
  2. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass der Wirtschaftsplan fortgelten soll. Ein Beschluss, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplans – bis zur Verabschiedung eines neuen – zum Gegenstand hat, überschreitet allerdings die Beschlusskompetenz und wäre nichtig. Rechtlich zulässig soll es sein, bei Beschlussfassung über einen konkreten Wirtschaftsplan dessen Fortgeltung bis zur Beschlussfassung über den "nächsten" Wirtschaftsplan zu bestimmen. Dem ist zu folgen. Der Beschluss über die Fortgeltung muss sich allerdings stets auf einen konkreten Wirtschaftsplan beziehen und kann nur bis zur nächsten ordentlichen Versammlung gelten.

Was ist für Verwalter wichtig?

Der Verwalter sollte einem Wohnungseigentümer in der Regel stets so umfassend wie möglich eine Einsichtnahme gewähren. Der Fall zeigt, was ansonsten passieren kann. Dass die Abrechnung nochmals beschlossen werden muss, ist jedenfalls sehr ärgerlich und war vermeidbar.

 

Link zur Entscheidung

LG Itzehoe, Urteil v. 17.9.2013, 11 S 93/12

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