Leitsatz

  1. Verwalter als Beschwerdeführer kann nicht zugleich Zustellungsbevollmächtigter der Wohnungseigentümer sein
  2. Auf Anforderung hin Einsichtsrecht des Verwaltungsbeirats in Stimmrechtsvollmachten, die dem Verwalter erteilt wurden
 

Normenkette

§§ 27 Abs. 2 Nr. 3 a. F., 29 Abs. 2 und 3 sowie 43 a. F. WEG

 

Kommentar

  1. Vorliegend wird das LG noch aufzuklären haben, wer die Verwaltungs-oHG vertritt, zumal sich in den vorgelegten Schriftstücken solche finden, die von einer offenen Handelsgesellschaft sprechen und andere, die auf eine einzelkaufmännische Firma hinweisen. U. U. wurde sogar der Versammlungsleiter zum Verwalter bestellt und nicht die Firma einer Einzelhandelskauffrau.
  2. Auch aus verfahrensrechtlichen Gründen musste der Streit zurückverwiesen werden, da die übrigen Wohnungseigentümer nicht in gesetzlich gebotener Weise am Verfahren beteiligt wurden. Ein Konflikt zwischen dem Verwalter als Beschwerdeführer und möglichen Interessen der Wohnungseigentümer, die am erstinstanzlichen Verfahren nicht weiter in Erscheinung getreten sind, schließt eine Zustellung an den Verwalter als Bevollmächtigten der übrigen Wohnungseigentümer aus. Eine dennoch an ihn oder den von ihm bevollmächtigten Anwalt bewirkte Zustellung entfaltet entsprechend § 178 Abs. 2 ZPO keine Wirkung.

    Auch am Beschwerdeverfahren wurden die übrigen Wohnungseigentümer als Antragsgegner nicht beteiligt, zumal im Hinblick auf den bestehenden Interessenkonflikt der beauftragte Anwalt in 2. Instanz ausdrücklich nur für die Antragsgegnerseite als Rechtsmittelführerin auftrat. Die mangelnde Beteiligung ist jedoch von Amts wegen zu beachten und könnte nur vom Senat nachgeholt werden, wenn eine weitere Sachaufklärung weder notwendig, noch zu erwarten und nur das rechtliche Gehör noch zu gewähren sei.

  3. Was das geforderte Einsichtsrecht des Verwaltungsbeirats betrifft, in die dem Verwalter zur Versammlung erteilten Stimmrechtsvollmachten Einblick zu nehmen, besteht auch ein entsprechendes Feststellungsinteresse der Antragsteller analog § 256 ZPO, da bereits in früherer Versammlung dem Beirat eine solche Einsichtnahme zu Unrecht verweigert wurde und der Verwalter auch für die Zukunft eine solche Einsichtnahme grundsätzlich ablehne.

    Wie jeder Eigentümer besitzt auch ein Verwaltungsbeirat solche Einsichtsrechte in Vollmachten, und zwar unabhängig von einem entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung. Ein Beirat mit Unterstützungs- und Kontrollfunktionen (vgl. § 29 Abs. 2 und 3 WEG) hat insoweit nicht weniger Rechte als jeder Eigentümer. Über solche Einsichten kann nachgeprüft werden, ob eine Versammlung überhaupt beschlussfähig ist. Es handelt sich hier um individuelle Rechte. Eigentümern kann nicht das Risiko zugemutet werden, in der Versammlung anfechtbare Beschlüsse zu fassen, um dann erst in einem Gerichtsverfahren überprüfen zu lassen, ob wirksame Vollmachten vorlagen. Ein Verwaltungsbeirat ist zwar nicht Mitverwalter oder Nebenverwalter; beratende, vorbereitende oder prüfende Funktionen können ihm aber im grds. unbeschränkten Aufgabenkatalog des Verwalters durchaus zukommen (vgl. Schmidt, ZWE 2001, 137). Er ist auch zur Überwachung des Verwalters berechtigt, wenn auch nicht verpflichtet, zumal er sogar gem. § 24 Abs. 3 WEG in bestimmten Fällen über seinen Vorsitzenden/seine Vorsitzende selbst eine Eigentümerversammlung einberufen und auch den Vorsitz führen könnte.

    Will ein vollmachtserteilender Eigentümer nicht, dass schon vor der Abstimmung bekannt wird, welche Weisungen er etwa dem Bevollmächtigten erteilt hat, bleibt es ihm unbenommen, Vollmacht und Weisungen zu trennen und insoweit jeweils eigene Schriftstücke abzufassen.

    Unaufgefordert muss der Verwalter allerdings dem Beirat nicht seine Vollmachten vorlegen; solche Rechte können auch nicht aus einem Beiratsamt abgeleitet werden (ebenfalls Schmidt, ZWE 2001, 137/141). Die Verpflichtung des Verwalters ist deshalb darauf zu beschränken, nur auf Anforderung hin Einsicht in die Vollmachten zu geben.

Anmerkung

Nach neuem Recht soll gerade das Gebot der beschlussweisen Bestellung eines Ersatzzustellungsvertreters solche Interessenskonflikte – wie hier – erfassen, um die notwendigen Zustellungen an die Eigentümer bewirken und diese aufgrund entsprechender zeitnaher Informationen auch ordnungsgemäß am Verfahren beteiligen zu können.

Dass allerdings in heutiger Zeit noch ein Streit durch 3 Instanzen über Einsichtsrechte in Vollmachten im Rahmen eines Feststellungsantrags geführt werden musste, erscheint mir in Anbetracht der eindeutigen Rechtslage zu solchen Einsichtsrechten in Verwaltungsunterlagen (hierzu gehören auch Stimmrechtsvollmachten) mehr als bedauerlich. Eigentümer- und insbesondere Beiratsrechte sind hier unter keinerlei möglichem Gesichtspunkt schikanös bzw. rechtsmissbräuchlich, zumal dann, wenn auch unter Einbeziehung erteilter Vollmachten die Beschlussfähigkeit einer Versammlung zu überprüfen ist.

Ob eine Vollmacht Weisungen des Vollmachtgebers enthält, spielt insoweit nach diesseitiger Auff...

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