Leitsatz

Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens hatten sich die Parteien nach Einholung der Auskünfte der Versicherungsträger auf einen gegenseitigen Verzicht auf den Ausgleich von Anwartschaften oder Anrechten auf eine Versorgung wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit geeinigt und den Verzicht wechselseitig angenommen. Das FamG hat diese Vereinbarung der Parteien genehmigt und den Streitwert für den Versorgungsausgleich auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Die dem Antragsteller im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwältin hat in ihrem Antrag auf Festsetzung ihrer Vergütung auch eine Einigungsgebühr aus 1.000,00 EUR für den Versorgungsausgleich geltend gemacht. Die zuständige Rechtspflegerin hat in der Festsetzung der an die Prozessbevollmächtigte des Ehemannes aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung die von ihr geltend gemachte Einigungsgebühr mit der entsprechenden Mehrwertsteuer als nicht erstattungsfähig abgesetzt.

Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ein Rechtsmittel eingelegt. Nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors hat die Rechtspflegerin diesem Rechtsmittel nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 16.5.2006 hat das FamG die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.3.2006 zurückgewiesen und die Beschwerde gegen diese Entscheidung zugelassen.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG gab der Beschwerde insoweit statt, als sie sich gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Einigungsgebühr richtete.

Entgegen der angefochtenen Entscheidung des AG sei davon auszugehen, dass mit der im Termin zur mündlichen Verhandlung unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin getroffenen Vereinbarung, mit der die Parteien auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichteten, eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV entstanden sei.

Die Parteien hätten mit ihrer Vereinbarung eine bestehende rechtliche Unsicherheit beseitigt. In einer solchen Situation sei auf der Basis der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des RVG für die Vereinbarung des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO zugebilligt worden. Nach der insoweit nun anwendbaren Nr. 1000 RVG-VV entstehe eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit über die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden, es sei denn, der Vertrag beschränke sich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

Nach der Intention des Gesetzgebers solle die Einigungsgebühr die bis dahin geltende Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO ersetzen und diese gleichzeitig insoweit inhaltlich erweitern, als kein gegenseitiges Nachgeben mehr vorausgesetzt werde, sondern jegliche vertragliche Beilegung eines Streits honoriert werden solle.

Dem Entstehen einer Einigungsgebühr könne nicht entgegengehalten werden, dass sich die Vereinbarung im vorliegenden Fall ausschließlich auf einen Verzicht beschränke. Aus den wiedergegebenen Überlegungen des Gesetzgebers ergebe sich, dass die entsprechende Einschränkung für Fälle gedacht sei, in denen in einem kontradiktorischen Verfahren eine Partei einen Anspruch geltend gemacht und später vollständig auf diesen verzichtet habe.

Bei der Regelung des Versorgungsausgleichs werde aber kein Anspruch in diesem Sinne geltend gemacht, vielmehr sei der Versorgungsausgleich von Amts wegen durchzuführen. Wenn die Parteien in diesem Rahmen zur Beseitigung einer aufgrund der Möglichkeit der Billigkeitsregelung des § 1587c bestehenden Ungewissheit eine Vereinbarung nach § 1587o BGB träfen, könne das Entstehen einer Einigungsgebühr nicht davon abhängen, ob der Versorgungsausgleich von den Parteien ganz oder - wie auch möglich - nur teilweise ausgeschlossen werde.

Dem Entstehen einer Einigungsgebühr stehe auch nicht entgegen, dass die Vereinbarung der Parteien der Genehmigung des Gerichts bedurfte. Die Genehmigungsbedürftigkeit schließe die Dispositionsbefugnis der Ehegatten über den Versorgungsausgleich nicht aus, sondern schränke sie lediglich ein. Diese Beschränkung stehe der Annahme einer Einigung i.S.d. Nr. 1000 RVG-VV nicht entgegen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.06.2006, 7 WF 761/06

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