Leitsatz

Bedarf es vor einer Beschlussfassung über eine Auftragserteilung der Einholung von Angeboten, sind mindestens 3 einzuholen. Geschieht dies nicht, wird die Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen, sodass der gefasste Beschluss für ungültig zu erklären ist. Einer Beweisaufnahme über die Frage, ob sich die eingeholten Angebote im Rahmen des Ortsüblichen bewegen, bedarf es nicht.

 

Normenkette

WEG §§ 21 Abs. 4, 23 Abs. 1

 

Das Problem

Wohnungseigentümer K wendet sich mit seiner Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, durch welchen auf der Grundlage von 2 Angeboten eine Auftragsvergabe für Hausmeisterdienste beschlossen worden ist. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Wohnungseigentümer. Ohne Erfolg!

 

Die Entscheidung

  1. Das Amtsgericht habe zu Recht den Beschluss für ungültig erklärt. Es seien lediglich 2 Alternativangebote eingeholt worden, sodass die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hätten und bereits aus diesem Grund der Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.
  2. Zwar könne die Anstellung eines Hausmeisters eine Maßnahme ordnungsmäßiger Instandhaltung sein, da es die Aufgabe eines Hausmeisters sei, die laufenden Pflege- und Reinigungsarbeiten sowie kleinere Reparaturen durchzuführen. Die Wohnungseigentümer hätten jedoch auch insoweit einen weiten Ermessensspielraum, ob sie einen Hausmeister anstellen und wenn sie sich hierfür entscheiden, welchen Hausmeisterdienst sie beauftragen. Insofern entspreche es gefestigter Rechtsprechung, dass ein derartiger Ermessensspielraum erst durch die Vorlage von Alternativangeboten sachgerecht ausgeübt werden könne. Denn erst durch die Vorlage von verschiedenen Alternativangeboten könne den Wohnungseigentümern aufgezeigt werden, welche Unterschiede zwischen den Angeboten bestünden und woran sie bei rein rechnerischer Betrachtung mit den verschiedenen Angeboten seien. Darüber hinaus träten Schwächen in der Leistungsbeschreibung nur durch die Einholung von Alternativangeboten zu Tage. Insoweit habe die Kammer auch in der Vergangenheit als quantitatives Erfordernis die Einholung von mindestens 3 Angeboten gefordert.
  3. Fehle es an diesen Alternativangeboten, erfolge die Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Die Wohnungseigentümer hätten dann ihren Beurteilungsspielraum überschritten, der gefasste Beschluss entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und sei daher für ungültig zu erklären.
  4. Es komme nicht darauf an, ob sich die eingeholten Angebote im Rahmen des Ortsüblichen bewegten. Daher sei das Vorbringen ohne Belang, dass auch die Einholung weiterer Angebote nicht zu anderen Preisen geführt hätte. Aufgabe des WEG-Gerichts sei es nicht, zu überprüfen, ob sich die Entscheidung der Wohnungseigentümer – vielleicht zufällig – in einem sachlich angemessenen Spielraum bewege, sondern ob die Wohnungseigentümer den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten hätten. Eine Auswahlentscheidung auf der Basis einer unzureichenden Tatsachengrundlage stelle jedoch einen Ermessensfehler dar, der die Ungültigerklärung des Beschlusses zur Folge habe. Soweit die Berufung sich auf die BayObLG v. 10.1.1997, 2 Z BR 35/96, NJW-RR 1997 S. 715 berufe, sei diese Rechtsprechung überholt.
  5. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Einholung von 3 Angeboten ergebe sich auch nicht aus dem Auftragsvolumen. Insofern bedürfe es keiner Entscheidung, ob es insoweit eine feste Grenze gebe, wobei allerdings in der Rechtsprechung (Hinweis auf LG Karlsruhe v. 8.8.2013, 11 T 355/12, ZWE 2013 S. 417) bereits eine Grenze bei 3.000 EUR gesehen werde, die im Fall überschritten sei. Jedenfalls wenn bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die lediglich aus 5 Parteien bestehe, das Auftragsvolumen die Hälfte des Gesamtetats des jährlichen Wirtschaftsplans ausmache, bedürfe es der Einholung von 3 Vergleichsangeboten.
 

Kommentar

Anmerkung

Früher nahm man an, ein Beschluss, mit wem man einen Vertrag schließt, sei nicht schon deshalb für ungültig zu erklären, weil keine ausreichende Anzahl von Angeboten eingeholt worden ist. Voraussetzung sei vielmehr weiter, dass tatsächlich überhöhte Preise gezahlt worden seien. Diese Rechtsprechung ist überholt.

Checkliste: Angebote (Konkurrenz- und Alternativangebote)

  • Sinn und Zweck. Angebote zielen nicht auf die geplante Maßnahme – die muss vorher feststehen –, sondern nur auf die Auswahl eines Vertragspartners. Der Sinn und Zweck, mehrere Angebote einzuholen, liegt daher im Wesentlichen darin den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der jeweiligen Angebote in Bezug auf eine bereits konkret ins Auge gefasste Maßnahme aufzuzeigen. Damit die Wohnungseigentümer über Gegenstände sachgerecht und ermessensfehlerfrei durch Beschluss entscheiden können, ist es daher grundsätzlich erforderlich, dass der jeweilige Amtsinhaber grundsätzlich Konkurrenz- und Alternativangebote einholt. Durch die Einholung mehrerer Angeb...

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