Normenkette

§ 13 Abs. 1 WEG, § 14 Nr. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG

 

Kommentar

1. Das Amtsgericht hatte nach Einholung eines schalltechnischen Gutachtens den Antragsgegnern (Eltern eines klavierspielenden Sohnes) auf Antrag des Doppelhaus-Nachbarwohnungseigentümers bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 1.000 DM, ersatzweise von Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, an Sonn- und Feiertagen überhaupt und an Werktagen zwischen 22.00 und 7.00 Uhr sowie zwischen 12.30 und 15.00 Uhr Klavier zu spielen oder das Klavierspiel ihres Sohnes zu dulden; innerhalb der erlaubten Zeiten hat das Amtsgericht das Klavierspiel auf 3 Stunden täglich beschränkt.

Das Landgericht ging von Verfristung der Erstbeschwerde aus und verwarf diese nach Zurückverweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Senat gewährte allerdings die Wiedereinsetzung und wies die Sache nach erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.

2. Gleichzeitig wurde vom Senat ausgeführt, dass die zeitliche Beschränkung des Musizierens auf 3 Stunden täglich außerhalb der allgemeinen Ruhezeiten grundsätzlich einen rechtlich vertretbaren Interessenausgleich zwischen den Rechten und Pflichten beider Nachbareigentümer unter Berücksichtigung der § 13 Abs. 1 WEG und § 14 Nr. 1 WEG darstelle (BayObLGZ 85, 104; OLG Hamm OLGZ 86, 167; OLG Frankfurt, OLGZ 88, 61; OLG Zweibrücken, WE 90, 213). Der Anspruch richte sich, auch soweit es um das Klavierspiel des inzwischen volljährigen Sohnes gehe, gegen die Eltern, da sie als Wohnungseigentümer und Zustandsstörer in der Lage seien, ein gegen die Einschränkungen verstoßendes Klavierspiel zu unterbinden. Rechtlichen Bedenken begegne allerdings das vollständige Verbot des Klavierspielens an Sonn- und Feiertagen (vgl. OLG Hamm, NJW 81, 465). Es sei auch nicht Voraussetzung für die Untersagung, dass das Klavierspiel in der Wohnung der Antragstellerin deutlich zu hören sei; es müsse aber doch einwandfrei wahrnehmbar sein, da eine ganz erhebliche Beeinträchtigung im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG (vgl. auch § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB) außer Betracht bleibe. Ein Musizieren, das außerhalb der Wohnung überhaupt nicht zu hören sei, könne ohnehin nicht untersagt werden (BayObLGZ 85, 104, 109). Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts biete sich die Durchführung eines gerichtlichen Ortstermins an, ggf. unter Hinzuziehung eines Sachverständigen.

3.Einen Verfahrensbevollmächtigten (RA) trifft im Übrigen kein Verschulden, wenn er die an das zuständige Gericht gerichtete Rechtsmittelschrift am letzten Tag der Rechtsmittelfrist unterzeichnet, obwohl auf deren ersten Seite noch eine unwesentliche Korrektur vorzunehmen ist, und wenn die bis dahin zuverlässige Kanzleiangestellte zur Ausführung der Korrektur die erste Seite der Rechtsmittelschrift nochmals schreibt und dabei versehentlich ein unzuständiges Gericht anstelle des zuständigen einsetzt (hier: LG München I anstatt LG München II). Einer Anweisung, den Schriftsatz nach Vornahme der Korrektur nochmals dem bevollmächtigten Anwalt zur Kontrolle vorzulegen, bedarf es in einem solchen Fall nicht. Somit bejahte der Senat auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen der Meinung der Vorinstanz.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 12.10.1995, 2Z BR 55/95)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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