Ist eine Einfriedung an der Grenze zum Nachbargrundstück nach öffentlichem Recht zulässig, besagt dies einerseits noch nicht, dass der Nachbar mit ihr einverstanden sein muss. Andererseits kennt das öffentliche Recht keine Einfriedungspflicht zum Schutz benachbarter Grundstücke. Die Bauordnungen der Bundesländer regeln Einfriedungspflichten nur für Baugrundstücke entlang öffentlicher Wege, Straßen und Plätze. Die nachbarrechtlichen Beziehungen zu regeln, ist dagegen Angelegenheit des privaten Nachbarrechts.

4.1 Die Einfriedungspflicht

Die meisten Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer gehen davon aus, dass gesetzliche Regelungen über die Pflicht zur Einfriedung von Grundstücken an oder auf der Grenze zu Nachbargrundstücken, wenn dies der Nachbar verlangt, dem nachbarlichen Rechtsfrieden dient und nachbarliche Streitigkeiten zu vermeiden hilft.

Einfriedungspflicht der Bundeländer

In der Ausgestaltung der Einfriedungspflicht sind die Bundesländer aber durchaus unterschiedliche Wege gegangen, wie die folgende Übersicht zeigt:

 
Einfriedungspflicht zum Schutz des Nachbarn Einfriedungspflicht generell, wenn ortsüblich Einfriedungspflicht für bebaute oder gewerblich genutzte Grundstücke in Innenortslage
  • Baden-Württemberg (nur im Außenbereich),
  • Rheinland-Pfalz,
  • Saarland,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Thüringen.
  • Berlin,
  • Brandenburg.
  • Hessen,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Niedersachsen,
  • Schleswig-Holstein.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Einfriedung eines Grundstücks an oder auf der Grenze zum Nachbargrundstück entsteht erst dann, wenn der Nachbar die Einfriedung verlangt. Das Einfriedungsverlangen ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und muss deshalb auch nicht schriftlich geltend gemacht werden. Trotzdem empfiehlt sich die Schriftform, um im Streitfall einen Beweis in Händen zu haben.

Solange Ihr Nachbar kein Einfriedungsverlangen stellt, können Sie Ihr Grundstück – sofern das Bau- und sonstige öffentliche Recht dies zulässt – nach Belieben einfrieden. Sie sollten aber immer daran denken, eine ortsübliche Einfriedung an der Grenze zum Nachbargrundstück zu wählen, weil es sonst geschehen kann, dass Ihr Nachbar später sein Einfriedungsverlangen geltend macht und die Beseitigung Ihrer vorhandenen Einfriedung verlangt, wenn diese nicht ortsüblich ist (siehe hierzu Kap. 4.3).

Keine Einfriedungspflicht

Keine Einfriedungspflicht kennen die Bundesländer

  • Baden-Württemberg in Innenortslage,
  • Bayern,
  • Bremen,
  • Hamburg,
  • Mecklenburg-Vorpommern und
  • Sachsen.

In diesen Bundesländern können Sie Ihr Grundstück unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück einfrieden, soweit dies baurechtlich (ggf. bis zu einer bestimmten Höhe) zulässig ist. Wenn Sie, etwa aus Platzgründen, die Einfriedung auf die Grenze zum Nachbargrundstück setzen wollen, brauchen Sie hierfür die Zustimmung Ihres Nachbarn, weil die auf der gemeinsamen Grenze zu errichtende Einfriedung teilweise auf dessen Grundstück steht.

Bedenken Sie aber, dass im Fall einer Einigung mit Ihrem Nachbarn die Einfriedung eine Grenzeinrichtung i. S. der §§ 921, 922 BGB wird, die Sie nicht mehr eigenmächtig verändern oder beseitigen können, wenn Ihr Nachbar damit nicht einverstanden ist. Denkbar ist auch, dass Ihr Nachbar seine Zustimmung deswegen nicht erteilt, weil er sich an den laufenden Unterhaltungskosten der auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu errichtenden Einfriedung nicht beteiligen will, wozu er bei einer Grenzeinrichtung kraft Gesetzes verpflichtet wäre (§ 922 Satz 2 BGB).

4.2 Der Standort der Einfriedung

Was den Standort der Einfriedung betrifft, haben sich die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer für zwei unterschiedliche Lösungssysteme entschieden, und zwar

 
System der gemeinsamen Einfriedung an oder auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze System der Rechtseinfriedung: Auf Verlangen des (von der Straße aus gesehen rechten) Nachbarn ist an der mit diesem gemeinsamen Grundstücksgrenze einzufrieden.
  • Baden-Württemberg[1],
  • Hessen,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • Saarland,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen.
  • Berlin,
  • Brandenburg und
  • Niedersachsen.

Mit dem System der Rechtseinfriedung soll erreicht werden, dass für möglichst viele Einfriedungen nur jeweils ein Nachbar zuständig ist. Das hat den Vorteil, dass damit Streitigkeiten vermieden werden, die bei gemeinsamer Einfriedungspflicht über den laufenden Unterhalt der Einfriedung leicht entstehen können. Aber auch das System der Rechtseinfriedung kommt ohne gemeinsame Einfriedungspflicht nicht aus. Das betrifft die Fälle, in denen ein von der Straße aus gesehen rechtes Grundstück fehlt. Dazu zählen etwa die rückwärtigen (nicht an einer Straße gelegenen) Grundstücksgrenzen, die von den Nachbarn gemeinsam einzufrieden sind.

Wie das System der Rechtseinfriedung in der Praxis aussieht, können Sie der folgenden Skizze entnehmen:

Die Straßenfront ist, soweit baurechtlich zulässig, immer vom jeweiligen Grundeigentümer einzufrieden.

[1] Allerdings nur zum Schutz landwirtschaftlicher Kulturen im Außenbereich.

4.3 Die Beschaffenheit der Einfriedung (ortsübliche Einfriedung)

Mehr noch als über den Standort einer Einfriedung können die Nachbarn über deren Beschaffenheit ...

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