Leitsatz

Kammergericht bekräftigt seine Rechtsprechung zu berechtigter Versorgungssperre bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Eigentümers selbst im Fall einer vermieteten Wohnung

 

Normenkette

(§ 16 Abs. 2 WEG; §§ 273, 535 und 858 BGB)

 

Kommentar

1. Bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Eigentümers ist die Gemeinschaft berechtigt, sowohl gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer, wie auch gegenüber dessen Mieter die Versorgung der vermieteten Räume mit Kaltwasser gem. § 273 BGB zu sperren.

Damit bestätigt das Kammergericht neuerlich seine Auffassung in letzter Entscheidung vom 21.5.2001, 24 W 94/01 (vgl. ETW, Gruppe 2, S. 4812). Selbst wenn ein Entziehungsgrund wegen Wohngeldschulden gem. § 18 WEG vorliegen sollte, schließt dies weniger belastende Maßnahmen nicht aus; somit kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch den Schuldner bei erheblichen Wohngeldschulden von der Versorgung mit Wasser und Heizenergie ausschließen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass die Gesamtheit der Eigentümer nicht verpflichtet ist, zeitlich unbegrenzt einen Teil der Bewirtschaftungskosten für einen einzelnen Wohnungseigentümer zu übernehmen. Dabei ist eine sorgfältige Abwägung der Interessen und der Mittel-Zweck-Relation insbesondere bei der Wahl der zurückzubehaltenden Leistung erforderlich. Es können nur kostenverursachende Leistungen zurückgehalten werden, die sich auf den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums beziehen. An dieser grundsätzlich rechtlichen Bewertung ändert sich nichts, wenn die Belieferung von Kaltwasser in zwei Phasen zerlegt wird, nämlich den Wasserbezug im Außenverhältnis durch die Gemeinschaft im Ganzen einerseits und die Weitergabe des Kaltwassers von der Gemeinschaft an den einzelnen Eigentümer andererseits gegen Erstattung der Wasserbelieferungskosten (vgl. im Einzelnen hierzu Bub, ZWE 2001, 457); denn im Außenverhältnis haften sämtliche Eigentümer als Gesamtschuldner gegenüber den Wasserwerken für die Wasserlieferung. Die Wasserzufuhr in der einzelnen Wohnung steht auch in einem inneren natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der anteiligen Kostentragungspflicht nach § 16 Abs. 2 WEG in der Weise, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte (vgl. auch BGH, NJW 1997, 2945).

Erst wenn eine Wasserbelieferung aufgrund direkter Verträge zwischen dem Eigentümer und den Wasserwerken erfolgen würde (etwa wie bei der Strombelieferung oder der Telekommunikation), wäre die Gemeinschaft nicht berechtigt, Zuleitungen durch das gemeinschaftliche Eigentum zu unterbrechen. Nur in diesem Fall würden die Kosten der Belieferung nicht über die Kosten der Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Eigentums abgerechnet werden, sondern direkt zwischen dem Eigentümer und dem Versorgungsunternehmen, welches allerdings seinerseits regelmäßig eine Versorgungssperre bei Zahlungsverweigerung durchführen kann. Der Senat vermag deshalb nicht die Auffassung zu teilen, dass bezüglich der Weiterleitung des Wassers nicht die Voraussetzungen des § 273 Abs. 1 gegeben seien (so jedoch mit anderer Ansicht Suilmann, ZWE 2001, 476).

2. Wie schon zuletzt entschieden, stehen einem Mieter gegenüber der Gemeinschaft auch keine weitergehenden Rechte zu als dem vermietenden Wohnungseigentümer, weil ein Mieter von diesem seine Rechtsstellung ableitet. Es mag zwar sein, dass gegenüber dem Mieter ein besonderer Vollstreckungstitel erforderlich ist, um die Wohnung zum Zweck der Sperre eines Versorgungsanschlusses betreten zu können. Dennoch liegt auch in einem solchen Fall keine verbotene Eigenmacht im Sinne der §§ 858, 862 BGB vor. Gestattet das Gesetz eine Besitzentziehung oder Besitzstörung, kann nicht von verbotener Eigenmacht gesprochen werden. Die Durchsetzung einer Versorgungssperre unmittelbar gegenüber einem Mieter ist rechtlich nicht anders zu bewerten, als die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen der Gemeinschaft unmittelbar gegenüber einem Mieter, wenn dieser Mieträume widerrechtlich nutzt (h.M.). Ein Mieter erlangt insoweit allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen seinen vermietenden Eigentümer, nicht aber kann er Gegenrechte gegenüber der Gemeinschaft durchsetzen, die er gar nicht besitzt. Vorliegend wurden mieterseits auch keine Wohngeld-Direktzahlungen erfüllungshalber für den Vermieter an die Gemeinschaft geleistet.

3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Geschäftswert von 20.000 DM.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 26.11.2001, 24 W 7/01( KG v. 26.11.2001, 24 W 7/01)

Anmerkung

Auch diese Entscheidung entspricht nunmehr verfestigter oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung im WE-Recht, und zwar ungeachtet der (anders lautenden) mietgerichtlichen Urteilsentscheidung vor knapp 2 Jahren durch das OLG Köln.

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