Leitsatz

  1. Überlässt der Verwalter einem Eigentümer zur Prüfung Verwaltungsunterlagen, entsteht regelmäßig konkludent ein Leihvertrag mit entsprechender Rückgabepflicht
  2. Herausgabe der Unterlagen kann der Verwalter im eigenen Namen verlangen/einklagen
 

Normenkette

§ 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Verwalter hatte einem Eigentümer Verwaltungsunterlagen zur Prüfung überlassen. Die Klage des Verwalters auf Rückgabe der überlassenen Unterlagen nach erfolglosen Abmahnungen war zulässig und begründet (gemäß § 604 Abs. 1 BGB).

    Jeder Eigentümer hat gegen einen Verwalter Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen; allerdings ist der Verwalter nicht verpflichtet, die Einsicht außerhalb seiner Geschäftsräume zu ermöglichen (vgl. Senat, Urteil v. 11.2.2011, V ZR 66/10, NJW 2011 S. 1137). Entspricht er gleichwohl einer dahingehenden Bitte eines Eigentümers, kommt stillschweigend ein Leihvertrag zustande, weil ein Verwalter in der Regel insoweit nicht nur aus Gefälligkeit handelt. Ohne Zweifel musste der beklagte Eigentümer auch davon ausgehen, dass ihm diese Fremdunterlagen nur unter Vereinbarung einer vertraglichen Rückgabepflicht überlassen wurden.

    In einem solchen Fall muss ein Verwalter auch nicht im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft klagen; dazu hätte es nämlich einer Ermächtigung gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG bedurft. Eigentümer haben insoweit allerdings kein vernünftiges Interesse daran, ein entstehendes Prozessrisiko zu übernehmen, da es aus ihrer Sicht Sache des Verwalters ist, das Einsichtsrecht einschließlich der Rückübertragung von ihm selbst herausgegebener Unterlagen abzuwickeln. Auch handelt insoweit der Verwalter nicht als gewillkürter Prozessstandschafter mit nur noch in engen Grenzen in Betracht kommenden schutzwürdigen Eigeninteressen (vgl. BGH v. 28.1.2011, V ZR 145/10), was auch insoweit Ermächtigung der Gemeinschaft voraussetzt.

  2. Ist von einem entstandenen Leihvertrag auszugehen, kann ein Entleiher dem Rückgabeverlangen auch nicht entgegenhalten, dass Eigentümer der Sache ein Dritter ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 604 Rn. 3).
Anmerkung

Ich kann Verwalter nur erneut warnen, Unterlagen der Gemeinschaft – also treuhänderisch verwahrte Fremdunterlagen – Eigentümern oder Verwaltungsbeiräten im Original zu Prüfungszwecken außer Haus zu geben. Dies stellt aus meiner Sicht bereits eine Verletzung der Verwahrpflichten solcher Unterlagen gegenüber der auftraggebenden Gemeinschaft dar, wobei als Schuldmaßstab zulasten des Verwalters der gilt, den er in eigenen Verwahrangelegenheiten zu berücksichtigen hat (vgl. § 690 BGB analog in bestehender Nebenverpflichtung i.V.m. § 277 BGB – keine Haftungsbefreiung wegen grober Fahrlässigkeit). Unabhängig von bestehenden Rückgabepflichten ist es nämlich nicht ausgeschlossen, dass solche Fremdunterlagen bei einem Eigentümer untergehen bzw. vernichtet werden (etwa durch Brand in seinem Auto oder seiner Wohnung), ganz zu schweigen von möglicher Unterdrückung einzelner Unterlagen. Reproduktionskosten nicht mehr möglicher Rückgabe von Originalunterlagen können sehr kostenaufwendig werden und entsprechende Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen einen zu "gefällig" handelnden Verwalter rechtfertigen.

Damit sollte es bei den vom BGH jüngst entschiedenen Grundsätzen bleiben, dass Eigentümer die Verwaltungsunterlagen im Büro des Verwalters einsehen können bzw. Kopien Zug um Zug gegen Erstattung entsprechender Bürokosten anfordern können.

Muss im Übrigen ein neu bestellter Verwalter Übergabe von Verwaltungsunterlagen nach Amtsende von einem Vorverwalter zur Fortführung eigener ordnungsgemäßer Verwaltung fordern, kann er in Bestätigung früherer Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Verzugsfall ebenfalls aus eigenem Recht in eigenem Namen Herausgabe an sich einklagen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 15.7.2011, V ZR 21/11

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