Leitsatz

Eine Kommanditgesellschaft kann Wohnräume weder als "Wohnung für sich" noch für Familien- oder Haushaltsangehörige benötigen. Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kommt bereits begrifflich nicht in Betracht. Ein berechtigtes Interesse einer Kommanditgesellschaft an der Beendigung des mit einem Betriebsfremden abgeschlossenen Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nur dann, wenn das Wohnen ihres Mietarbeiters gerade in dieser Wohnung nach seiner betrieblichen Funktion und Aufgabe für den Betriebsablauf von nennenswertem Vorteil ist.

 

Fakten:

Die Vermieterin ist eine Kommanditgesellschaft und vermietet auf dem rund 10.000 m² großen Gelände bis 1996 ein Umspannwerk, seither vor allem Gewerbeflächen, unter anderem eine Veranstaltungshalle. Sie kündigt einem Wohnraummieter das Mietverhältnis mit der Begründung, die Nutzung der Wohnung durch ihren eigenen Mitarbeiter sei aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich. Er sei als "Eventmanager" maßgeblich dafür zuständig, mit Mietinteressenten für die Veranstaltungshalle zu verhandeln, er sei "Schlüsselkraft" des Unternehmens und müsse stets und auch kurzfristig erreichbar sein, um die Räumlichkeiten vorzuführen, er müsse bei Veranstaltungen als Ansprechpartner zugegen sein. Ihm sei nicht zumutbar, während seiner geschäftlichen Aufenthalte auf eine Hotelunterbringung verwiesen zu werden. Der BGH erklärt die Kündigung für unwirksam. Eigenbedarf kommt bereits begrifflich nicht in Betracht. Als Kommanditgesellschaft kann sie Räume weder "als Wohnung für sich" noch für Familienoder Haushaltsangehörige benötigen. Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs.1 Satz 1 BGB hat der BGH ebenfalls verneint. Ein solches hätte sich daraus ergeben können, dass einem Mitarbeiter eines Unternehmens aus betrieblichen Gründen eine an einen Betriebsfremden vermietete Wohnung zur Verfügung gestellt werden soll, sofern der Vermieter vernünftige Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung hat, die den Nutzungswunsch nachvollziehbar erscheinen lassen. Hier ist es aus betrieblichen Gründen weder geboten noch für den Betriebsablauf von nennenswertem Vorteil, dass der Mitarbeiter auf dem Betriebsgelände wohnt. Besichtigungen der Halle kann er auch von Büroräumen auf dem Gelände aus organisieren. Auch das Interesse des Arbeitgebers, seinem Mitarbeiter nach langer und ungeregelter Arbeitszeit, die von der Veranstaltungsdauer abhängt, zu einem kurzen Heimweg zu verhelfen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 23.05.2007, VIII ZR 113/06

Fazit:

Der BGH stellt klar: Eigenbedarf an einer Wohnung kommt für eine Kommanditgesellschaf t nicht in Betracht. Die Gesellschaft kann als Vermieterin nur kündigen, wenn sie "vernünftige Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung hat, die den Nutzungswunsch nachvollziebhar erscheinen lassen". Wann dies genau der Fall ist, hat der BGH nicht klargestellt, eine großzügige Handhabung ist aber nicht zu erwarten.

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