Leitsatz

Im Jahre 1999 geschiedene Eheleute hatten in einem notariellen Ehevertrag im Jahre 1996 u.a. eine Unterhaltsregelung zugunsten der Ehefrau ohne zeitliche Befristung getroffen. Der BGH hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Abänderung dieser Vereinbarung in Betracht kommt.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im Jahre 1977 geheiratet und lebten seit 1991 getrennt. Im Jahre 1996 regelten sie in einem notariellen Ehevertrag u.a. den Unterhalt der Ehefrau. Diese sollte lebenslänglich ohne Anrechnung eigenen Einkommens einen festen Prozentsatz der Einnahmen des Ehemannes erhalten. Ferner wurde ein Mindestbetrag für monatliche Abschlagszahlungen vereinbart.

Eine Herabsetzung des Unterhalts sollte nur erfolgen können, wenn die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes ohne dessen Verschulden unter den vereinbarten Betrag sinkt.

Gegen diesen im Jahre 2005 durch Urteil des OLG titulierten Unterhaltsanspruch hat der Kläger im Jahre 2008 Abänderungsklage erhoben, mit der er vor dem Hintergrund der geänderten Rechtslage im Hinblick auf die Möglichkeit der Unterhaltsbefristung die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts und Feststellung begehrte, dass er zu keinerlei Unterhaltszahlungen mehr verpflichtet sei.

Das AG hat den Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ab 1.4.2008 i.H.v. 2.448,66 EUR verurteilt.

Auf die hiergegen von den Parteien jeweils eingelegten Berufungen und den vom Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Feststellungsantrag hat das OLG das amtsgerichtliche Urteil geringfügig zugunsten der Beklagten abgeändert und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

 

Entscheidung

Die Revision erwies sich im Wesentlichen als begründet und führte zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der BGH hielt die Abänderungsklage für insoweit zulässig, als sich der Kläger auf eine Änderung der Rechtslage (Möglichkeit der Befristung von Unterhalt) berief.

Ein Rückgriff auf die geänderten gesetzlichen Regelungen sei anders als vom OLG vertreten nicht von vornherein ausgeschlossen. Ob eine für den Erfolg einer Abänderungsklage wesentliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse vorliege, sei im Fall einer Entscheidung, die auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhe, nach dem ursprünglichen Parteiwillen zu beurteilen. Bei der Auslegung sei zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung nicht bereits deshalb ein selbständiges Unterhaltsversprechen darstelle, weil der Unterhalt teilweise abweichend von den gesetzlichen Vorgaben vereinbart worden sei. Die lebenslange Unterhaltsverpflichtung sei auch nicht mit den übrigen Regelungen des Vertrages in der Weise verzahnt, dass sie unumstößlich sei. Die salvatorische Klausel schließe ebenfalls eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung nicht aus, da sie sich ausschließlich auf die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelungen beziehe.

§ 313 BGB finde Anwendung, wenn es um die Abänderung des Vertrages gehe. Unter Rückgriff auf diese Vorschrift sei zu prüfen, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage die Anpassung des Vertrages und damit auch eine Abänderung des hierauf beruhenden Titels gebiete. Die vom OLG vorgenommene Vertragsauslegung, der zufolge die ehevertragliche Unterhaltsvereinbarung völlig losgelöst von den gesetzlichen Regelungen sei, sei in revisionsrechtlich beachtlicher Weise fehlerhaft.

Bei fehlerfreier Auslegung hätte sich das Berufungsgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die ursprüngliche Rechtslage - eine grundsätzlich unbefristete Unterhaltspflicht - zur Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden und diese durch die geänderten gesetzlichen Regelungen gestört worden sei.

Ob vor diesem Hintergrund eine Vertragsanpassung und damit die Abänderung des Titels geboten sei, hänge im Einzelnen davon ab, ob eine Unterhaltsbefristung nach den hierfür einschlägigen Regelungen neuen Rechts in Betracht komme.

Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass die Ausübungskontrolle gemäß § 242 nur in Betracht komme, wenn eine Scheidungsfolge ausgeschlossen worden sei und geprüft werden müsse, ob die Berufung hierauf einen Rechtsmissbrauch darstelle. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um den Ausschluss einer gesetzlich angeordneten Scheidungsfolge, sondern um die Abänderung vertraglicher Unterhaltsregelungen.

 

Hinweis

Der BGH folgt mit dieser Entscheidung seiner bisherigen Rechtsprechung. Bei nicht rechtskräftigen Unterhaltstiteln - auch wenn diese durch eine gerichtliche Entscheidung bestätigt wurden - beurteilt sich die Abänderung nach materiellem Recht, insbesondere nach § 313 BGB. Ist ein Parteiwille nicht feststellbar oder können die bei Unterhaltsvereinbarung zugrunde liegenden Umstände nicht mehr nachvollzogen werden, erfolgt die Abänderung nach den gesetzlichen Bestimmungen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 25.01.2012, XII ZR 139/09

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