Leitsatz

Die Parteien stritten um die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der nach Abtrennung der Folgesache Zugewinnausgleich ausgesprochenen Scheidung ihrer am 1.2.1990 geschlossenen Ehe, aus der zwei Kinder hervorgegangen waren.

Sie lebten sei April 2008 voneinander getrennt und waren vom Familiengericht in der mündlichen Verhandlung am 28.4.2010 angehört worden. Während der Antragsteller die Scheidung begehrte, hielt die Antragsgegnerin die Ehe für noch nicht endgültig gescheitert. Zugleich hat sie im Termin der mündlichen Verhandlung einen mit Schriftsatz vom 22.4.2010 angekündigten Antrag zur Folgesache Zugewinnausgleich gestellt.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt, die Folgesache Zugewinnausgleich abgetrennt und die Ehe mit dem angefochtenen Urteil geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der Berufung.

Sie machte geltend, das Scheidungsurteil könne keinen Bestand haben. Es sei schon verfahrensfehlerhaft ergangen, weil das Familiengericht die Scheidung ausgesprochen habe, ohne die Folgesache Zugewinnausgleich in den Scheidungsverbund aufzunehmen. Insoweit sei auf das vor dem 1.9.2009 geltende Verfahrensrecht abzustellen. Im Übrigen hätten sich für das Familiengericht aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Parteien im Termin auch Zweifel ergeben müssen, ob die Ehe tatsächlich endgültig gescheitert sei.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

In der Sache führte das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Der angefochtene Scheidungsausspruch sei gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Verbund an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen. Das Urteil sei unter Nichtbeachtung des Verbundes ergangen. Es komme daher einem unzulässigen Teilurteil gleich, weil es über das Scheidungsbegehren entschieden habe, obgleich dieses nach den §§ 623, 628 ZPO noch nicht entscheidungsreif gewesen sei.

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei auch diese Frage nach den bis Ende 2009 geltenden Vorschriften der §§ 623, 628 ZPO zu beurteilen.

Allerdings regele die Übergangsvorschrift des Art. 111 FGG-RG die Frage der Anwendung des neuen Rechts für das Verbundverfahren nicht umfassend. Gemäß Art. 111 Abs. 5 FamFG-RG seien auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen worden sei, auch auf die Scheidungs- und Folgesachen die ab dem 1.9.2010 geänderten Vorschriften anzuwenden. Damit werde innerhalb des Verbundverfahrens ein Nebeneinander von altem und neuem Recht verhindert (vgl. MünchKomm/Pabst, ZPO, FamFG, Art. 111 FGG-RG Rz. 25 f.).

Im vorliegenden Fall sei die Entscheidung im ersten Rechtszug bereits vor dem Stichtag ergangen, so dass die Anwendung neuen Rechts sich nicht hieraus herleiten lasse.

Ebenso wenig könne auf Art. 111 Abs. 2 FGG-RG abgestellt werden, wonach jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen werde, ein selbständiges Verfahren i.S.d. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG sei. Art. 111 Abs. 2 FGG-RG enthalte lediglich eine Klarstellung zu Abs. 1 S. 1 der Vorschrift für sog. Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft hinsichtlich der diesbezüglich im Rahmen des Verfahrens zu treffenden selbständigen Entscheidungen.

Diese Frage stelle sich hier indessen nicht. Vielmehr gehe es darum, unter welchen Voraussetzungen ein Verbund von Scheidung und Folgesachen durch Abtrennung aufgelöst werden könne.

Soweit es um die Auflösung des Scheidungsverbundes gehe, sei danach - mangels einer anderweitigen Regelung in der Übergangsvorschrift - vom Grundsatz des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG auszugehen. Bereits die Einleitung mit dem Scheidungsantrag vor dem Stichtag habe zur Folge, dass für das Verfahren die prozessrechtlichen Vorschriften des früheren Rechts anwendbar blieben, zu denen insbesondere auch §§ 623 und 628 a.F. gehörten. Nur so werde vermieden, dass innerhalb des Verbundes sowohl altes wie auch neues Recht anzuwenden wäre.

Das Familiengericht habe danach gegen §§ 623, 628 ZPO verstoßen, indem es die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt habe, ohne zugleich über die Folgesache Zugewinnausgleich eine Entscheidung zu treffen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.11.2010, 6 UF 91/10

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