Leitsatz

Das OLG Düsseldorf hatte sich in seiner Entscheidung mit der Frage auseinanderzusetzen, in welchem Umfang der unterhaltsberechtigte Ehegatte neben der Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet ist, um dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit i.S.d. § 1569 BGB zu genügen.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Die Klägerin zu 1) war die geschiedene Ehefrau des Beklagten, die Kläger zu 2) und 3), geboren in den Jahren 1999 und 2001, die gemeinsamen Kinder. Die Kläger begehrte die Abänderung eines Urteils des AG vom 9.3.2007, durch welches der Beklagte zur Zahlung nachehelichen Aufstockungsunterhalts an die Klägerin zu 1) i.H.v. 236,28 EUR monatlich verurteilt worden war sowie zur Zahlung von Kindesunterhalt für die Kläger zu 2) und 3) i.H.v. 114 % des Regelbetrages.

Für die beabsichtigte Klage beantragten die Kläger Prozesskostenhilfe, die ihnen vom AG nicht gewährt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 323 ZPO liege nicht vor. Außerdem genüge der Vortrag der Klägerin zu 1) nicht der seit Januar 2008 geltenden Rechtslage, da nachehelicher Unterhalt nunmehr nur noch in Ausnahmefällen geschuldet werde, wenn nicht die Möglichkeit bestehe, den eheangemessenen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken.

Gegen den PKH-ablehnenden Beschluss legten die Kläger sofortige Beschwerde ein, die teilweise Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Klägerin zu 1) sei jedenfalls ab Mitte des Jahres 2008 Einkommen aus Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Sie habe grundsätzlich bestehende Kinderbetreuungsplätze zu nutzen, um auch selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass solche Möglichkeiten im konkreten Fall nicht beständen. Hierzu fehle jedoch jeder Vortrag. Indessen könne von der Klägerin zu 1) unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Vollzeittätigkeit nicht erwartet werden. Hieran habe sich auch durch die am 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform nichts geändert. Danach sei zwar der Grundsatz der Eigenverantwortung gestärkt worden. Es ergebe sich jedoch aus der Begründung zum Gesetzesentwurf, dass der Basisunterhalt gemäß § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB dann zu verlängern sei, wenn kindbezogene Gründe dies erforderten. Dies bedeute, dass sich der betreuende Elternteil nicht auf Fremdbetreuungsmöglichkeiten verweisen lassen müsse, wenn dies mit den Kindesbelangen nicht vereinbar sei.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben könne von der Klägerin zu 1) eine weitergehende Erwerbstätigkeit als 5 Stunden täglich nicht verlangt werden. Eine darüber hinausgehende Erwerbstätigkeit sei aus Gründen des Kindeswohls und nachehelicher Solidarität zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu verneinen.

 

Hinweis

Weit mehr als nach altem Recht bedarf der Unterhaltsanspruch wegen der Betreuung eines Kindes nach § 1570 BGB der Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls. Nach Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes kann der Unterhaltsanspruch sowohl auf kindbezogene als auch auf ehebezogene Gründe gestützt werden, wobei jeweils Billigkeitserwägungen einbezogen werden müssen.

Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast beim Betreuungsunterhalt sind unterschiedlich. Während der ersten drei Lebensjahre des betreuten Kindes ergibt sich der Unterhaltsanspruch unmittelbar aus dem Gesetz. Für alle darüber hinausgehenden anspruchsbegründenden Tatsachen trägt der betreuende Elternteil die volle Darlegungs- und Beweislast.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2008, II-2 WF 62/08

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