Gemäß § 1575 BGB kann ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er entweder diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB, die seinen Unterhaltsbedarf nachhaltig sichern kann, zu bekommen und außerdem der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. Gleiches gilt, wenn der berechtigte Ehegatte eine Fortbildung oder Umschulung beginnen will.

Dieser Tatbestand dient dem Ausgleich der ehebedingten Nachteile. Voraussetzung ist, dass die Ehe als solche kausal dafür war, dass der berechtigte Ehegatte eine Schul- oder Berufsausbildung gar nicht erst aufgenommen bzw. abgebrochen hat. Hat der berechtigte Ehegatte aus anderen Gründen die Schul- oder Berufsausbildung gar nicht erst aufgenommen bzw. abgebrochen, resultiert daraus nach der Scheidung kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Wird die Ausbildung während der Ehe aufgegeben, wird die Kausalität vermutet. Erfolgt der Abbruch oder die Nichtaufnahme vor der Eheschließung, bedarf es des Nachweises, dass der Grund hierfür die beabsichtigte Eheschließung war.

Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch ist, dass die Ausbildung tatsächlich notwendig ist, um eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1574 BGB auszuüben. Nicht jede berufliche Qualifikation, die die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit ermöglicht, ist auch erforderlich; das ist eine Ausbildung nur, wenn ohne sie die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Zwar braucht sich der geschiedene Ehegatte nicht ohne Rücksicht auf seine Neigungen einem Beruf zuzuwenden, der ihm nach möglichst kurzer und kostengünstiger Ausbildung den Zugang zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit erschließt. Kommen aber auch andere Ausbildungsgänge in Betracht, die dem Ehegatten die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit ermöglichen, so darf er sich einer besonders zeit- und kostenaufwendigen Ausbildung höchstens dann unterziehen, wenn außergewöhnliche Gründe vorliegen, die geeignet sind, die hohe Belastung des während der Ausbildungszeit unterhaltspflichtigen Ehegatten zu rechtfertigen.[210]

Auch die Aufnahme einer Fortbildung oder Umschulung kann erforderlich sein, um ehebedingte Nachteile bei der Aufnahme einer angemessenen Tätigkeit auszugleichen. Die Weiter- bzw. Fortbildung wird der erstmaligen Ausbildung praktisch gleichgestellt.

Derjenige, der Ausbildungsunterhalt beansprucht, muss darlegen und beweisen, dass er im Hinblick auf die Eheschließung seine Ausbildung aufgegeben oder nicht begonnen hat. Die Kausalität wird lediglich vermutet, wenn die Ausbildung während der Ehe aufgegeben wird. Es verbleibt in diesem Fall aber die weitere Darlegungs- und Beweispflicht, dass ein erfolgreicher Abschluss und anschließend die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erwarten sein wird.

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