Ausgangssituation

Der Gesetzgeber hat zum 1.7.2021 zwei europäische Richtlinien zum Schutz der Verbraucher im digitalen Bereich in nationales Recht umgesetzt, die Richtlinie (EU) 2019/770 ("Digitale-Inhalte-Richtlinie") und die Richtlinie (EU) 2019/771 ("Warenkauf-Richtlinie").

Die nationalen Umsetzungsgesetze sind zum 1.1.2022 in Kraft getreten und haben zu Anpassungen des BGB geführt.

Die Warenkauf-Richtlinie hat den Fokus auf Waren mit digitalen Elementen, also solchen, die ohne den digitalen Teil nicht funktionieren. Zu denken ist dabei bspw. an Smartphones ohne Betriebssystem. Die Digitale-Inhalte-Richtlinie hat demgegenüber digitale Produkte zum Gegenstand, die digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen betreffen, wie Services (Cloud, SaaS, E-Books).

Der Gesetzgeber hat jedoch entschieden, dass diese Neunormierungen zu digitalen Produkten nach §§ 327 ff. BGB keinen neuen Vertragstypus statuieren. Es wird – kursorisch ausgedrückt – lediglich ein Verweis hergestellt auf den Vertragsgegenstand. Im Ergebnis sind rechtsgeschäftliche Vertragskonstellationen zwischen Unternehmern infolge der Änderung des BGB kaum tangiert.[1]

Für nahezu jedes Unternehmen und die meisten Behörden stellt sich die Frage der Anschaffung und Lizenzierung von Software und EDV-Systemen[2]. Die Anschaffung von Hardware rückt zunehmend in den Hintergrund, zumal der weltweite Trend aus Kosten-, IT-System- und Management-Gründen zu Cloud- und SaaS-Angeboten geht. Daher soll mit dem beiliegenden Vertragsmuster der Anwendungsfall des temporär befristeten Erwerbs von Standardsoftware als "Systemmiete" für den internen unternehmerischen Gebrauch behandelt werden.

In Abgrenzung zu einem Rechtsgeschäft mit Verbrauchern sind insofern die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB außer Acht zu lassen. Im Rahmen der Vertragsgestaltung und stets zu empfehlenden Individualberatung durch einen Anwalt für IT-Recht erweist sich der Erwerb von Software (B2B), die in eigenen Produkten implementiert an Konsumenten (Verbraucher) weitervertreiben wird (B2C), als komplexer.[3] So wären im Vertrag mit B2B-Ausrichtung die fehlenden Ansprüche der Vorschriften gemäß §§ 327 ff. BGB nachzubilden, wenn man nicht eine Gestaltungslücke akzeptieren möchte, weil die §§ 327 ff. BGB lediglich für den B2C-Rechtsverkehr Geltung beanspruchen. Exemplarisch wäre diesbezüglich anzuführen die Qualität der objektiven Anforderungen, inklusive der Aktualisierungspflicht (§§ 327e Abs. 3 Nr. 5, 327 f. BGB) als "Mindestmaß", wobei nur unter den erschwerten Bedingungen des § 327h BGB ("ausdrücklich" und "gesondert") abgewichen werden kann. Unter Unternehmern in B2B-Mietverhältnissen gilt weiterhin der sog. subjektive Mangelbegriff.[4]

Von einer sog. Systemmiete ist die Rede, wenn der EDV-Anbieter dem Kunden IT-Systeme einschließlich Betriebssystem oder separate Geräte zeitlich begrenzt zur Nutzung überlässt. Der Anbieter ist und bleibt im Grundsatz Eigentümer, außer es sind etwaige kaufweise überlassene Datenträger zu berücksichtigen.

In Abgrenzung zur Vertragsgestaltung mittels Leasing tritt der Anbieter bei Miete selbst als Vermieter des Systems auf und muss als solcher während der Vertragsdauer für die Nutzbarkeit der Mietsache, für die dauerhafte Gebrauchsüberlassung, selbst einstehen. Seine mietvertragliche Gewährleistung kann er nicht abbedingen. Dies würde sonst dem gesetzlichen Leitbild zuwiderlaufen (§§ 535 ff. BGB). Miete ist demzufolge mit deutlich höheren Anbieterrisiken verbunden, die sich in entsprechend erhöhten Kosten für den Kunden niederschlagen. Nicht nur komplette Systeme mit System- und Anwendungssoftware werden vermietet, sondern auch einzelne Komponenten wie Datensicherungs- oder Stromunterbrechungsschutzgeräte, ebenso wie bloße Speicherkapazität auf IT-Systemen des Anbieters, auf die Kunden bei Bedarf zugreifen können, online in Speichernetzwerken, sog. "Storage Area Networks" (SANs). Der Kunde kann fernerhin Software mieten, die auf dem Anbieterrechner verbleibt, aber vom Kunden online genutzt wird, als befände sie sich auf dessen eigenem Rechner.

Der Anbieter schuldet als Vermieter die zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung des vertragsgegenständlichen Systems bzw. der Speicherkapazität, der mietende Kunde die Zahlung der regelmäßigen Nutzungsvergütung. Wesentliche Merkmale des IT-Mietvertrags sind insbesondere:

  • Fortbestehen des Eigentumsrechts des Vermieters an der Mietsache.
  • Pflicht zur Tragung der auf der vermieteten Sache ruhenden Lasten (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB), z.B. aus Versicherungen.
  • Pflicht zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs während der gesamten Vertragslaufzeit, verbunden mit entsprechender Erhaltungspflicht (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB).
  • Verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters für anfängliche, d.h. bei Überlassung vorhandener Mängel der Mietsache, verschuldensabhängige Haftung für später entstehende Mängel bei Vertretenmüssen seitens des Vermieters (§ 536a BGB).
  • Gesetzliche Mietminderung bei Mangel der Mietsache (§ 536 Abs. 1 BGB).

Der EDV-Mietvert...

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