Ohne Erfolg! Das LG habe B zu Recht untersagt, in die Substanz der Lichtkuppeln, die zur Wohnung des K gehörten, einzugreifen und Außenwände oder Geschossdecken der von K bewohnten Wohnung zu beseitigen oder zu durchbrechen, und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Der besitzrechtliche Schutz eines Mieters unterscheide sich danach, ob die Besitzbeeinträchtigung in der Zuführung unwägbarer Stoffe oder in einer Einwirkung auf die Mietsache selbst, an der der Mieter einen unmittelbaren und ausschließlichen Besitz habe, bestehe. Gegen Handlungen, die außerhalb der Wohnung oder der Räume, an denen der Mieter ausschließlichen Besitz habe, vorgenommen werden und die nicht zu einer Besitzbeeinträchtigung im genannten Sinn führten, bestehe grundsätzlich kein besitzrechtlicher Abwehranspruch.

Hinweis

  1. § 862 Abs. 1 BGB gewährt dem Mieter einen § 1004 BGB entsprechenden Schutz gegen von außen kommende Störungen seiner Sachherrschaft (BGH, Urteil v. 16.1.2015, V ZR 110/14, NJW 2015 S. 2023, Rz. 5). Von den körperlichen Einwirkungen auf die Mietsache selbst sind Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs durch die Zuführung unwägbarer Stoffe i. S. d. § 906 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Mehr noch als unter Eigentümern benachbarter Grundstücke gilt für Bewohner verschiedener Wohnungen in demselben Gebäude, dass sich Immissionen nicht vollständig vermeiden lassen und deshalb in bestimmtem Umfang aufgrund der gleichrangigen Rechte der anderen Bewohner hinzunehmen sind. Zur Bestimmung der Grenzen dessen, was ein Mieter an Immissionen hinzunehmen hat, die von dem Gebrauch einer anderen Wohnung ausgehen, kann der in § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB bezeichnete Maßstab entsprechend angewendet werden (BGH, Urteil v. 16.1.2015, V ZR 110/14, NJW 2015 S. 2023, Rz. 10; siehe auch Lehmann-Richter, ZWE 2021, S. 166, 167). Eine Duldungspflicht kann sich auch aus vertraglichen Regelungen ergeben. Dies hat der BGH etwa für aus dem Mietvertrag des gestörten Mieters und einer darin in Bezug genommenen Hausordnung ergebende Duldungspflichten angenommen. Eine Duldungspflicht gegenüber Beeinträchtigungen durch andere Sondereigentümer kann sich auch durch Vereinbarungen und Beschlüsse der Sondereigentümer ergeben. Denn grundsätzlich können die Rechte des Mieters nicht weiter reichen als die Rechte des Eigentümers (BGH, Urteil v. 25.10.2019, V ZR 271/18, NZM 2020 S. 107). Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinschaftsordnung erst nach der Vermietung errichtet wurde.
  2. Gemessen an diesen Grundsätzen hatte K einen Anspruch gegen B aus § 862 Abs. 1 BGB auf Unterlassung von Baumaßnahmen, die direkt auf die von ihm bewohnte Wohnung einwirken, indem Leitungen durch die Wohnung gelegt werden oder die im Bad und im Flur der Wohnung vorhandenen Lichtkuppeln entfernt und die Öffnungen verschlossen werden. Solche Baumaßnahmen beeinträchtigen den Besitz des Mieters. Denn der Besitz des Mieters umfasst nicht nur den Raum der Mietwohnung, sondern auch die Innenseiten der die Wohnung nach außen und zu anderen Wohnungen abgrenzenden Wände, Decken, Böden, Fenster und Türen. Wenn die Innenseiten der Außenwände durch die Baumaßnahme geöffnet bzw. durchbrochen werden, um ein Rohr oder eine Leitung zu verlegen, oder wenn ein Fenster bzw. eine Lichtkuppel herausgebrochen werden, um die Wand an dieser Stelle zu verschließen, stellt dies eine körperliche Einwirkung auf die Mietsache dar, die die tatsächliche Sachherrschaft des Mieters über die Mietsache beeinträchtigt, da ein Gebrauch dieser Teile der Mietwohnung durch die Baumaßnahmen ausgeschlossen ist.
  3. Dass der vermietende Wohnungseigentümer mit den Maßnahmen gegebenenfalls einverstanden war, ist unerheblich. Eine Besitzbeeinträchtigung ist bereits widerrechtlich, wenn sie ohne Willen des unmittelbaren Besitzers und ohne gesetzliche Gestattung erfolgt. Der Vermieter ist lediglich mittelbarer Besitzer. Der Wille des mittelbaren Besitzers ist aber unerheblich (KG Berlin, Beschluss v. 3.5.1999, 25 U 1675/99).
  4. Nach der WEG-Reform ist die Rechtslage noch eindeutiger (dazu auch Lehmann-Richter, ZWE 2021, S. 166, 167). Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat nach § 15 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern Erhaltungsmaßnahmen und/oder bauliche Veränderungen nur zu dulden, wenn ihm dies rechtzeitig und angemessen angekündigt wurde. Ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die "Bauherrin", ist es die Aufgabe des Verwalters, den Mietern in der Wohnungseigentumsanlage die entsprechenden Informationen zu geben. Da hier leicht Fehler gemacht werden können, ist der Praxis dringend zu raten, an dieser Stelle einen Rechtsanwalt einzuschalten, der die Ankündigungen rechtzeitig und rechtssicher formuliert. Der Verwalter vertritt insoweit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG) und ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auch berechtigt, diese Entscheidung zu treffen. Besser und transparenter ist es dennoch, bereits bei dem Beschluss über Erhaltungsmaßnahmen oder eine ba...

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