10.1 Unentgeltliche Übernahme oder verbilligter Erwerb

Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen vom Arbeitgeber käuflich erwirbt. Typische Sachverhalte sind der Kauf des bisherigen Fahrzeugs, wenn der Arbeitnehmer einen neuen Dienstwagen erhält, weil der Leasingvertrag abgelaufen ist, oder am Ende des Beschäftigungsverhältnisses, wenn der aus der Firma ausscheidende Arbeitnehmer den zuvor als Dienstwagen genutzten Pkw als Eigentümer übernimmt.

Beim Arbeitgeber als Veräußerer stellt der Fahrzeugverkauf steuerlich ein sog. Hilfsgeschäft dar, das in der betrieblichen Gewinnermittlung als Betriebseinnahme zu erfassen ist. Ein vorhandener Restbuchwert des betrieblichen Pkw ist zeitgleich gewinnmindernd auszubuchen, sodass sich durch Anrechnung auf den Verkaufserlös ein Veräußerungsgewinn bzw. -verlust aus dem Verkaufsgeschäft ergibt.

Aus Sicht des Arbeitnehmers als Erwerber ist die Dienstwagenübernahme aufgrund der Veranlassung durch das bisherige Dienstverhältnis ein lohnsteuerlicher Sachverhalt. Hier kann es zu unliebsamen Überraschungen kommen, wenn bei einer späteren Lohnsteuer-Außenprüfung festgestellt wird, dass der bezahlte Kaufpreis unter dem tatsächlichen Verkehrswert (= üblicher Endpreis am Abgabeort[1]) des Kraftfahrzeugs liegt. Übereignet ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer kostenlos oder verbilligt ein Kfz, stellt der Preisnachlass einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil dar. Dies gilt erst Recht, wenn es sich hierbei um den bisher dem Arbeitnehmer überlassenen Dienstwagen handelt.

10.2 Bewertung des Sachbezugs "Dienstwagenübernahme"

Die Bewertung bestimmt sich nach dem für Preisnachlässe im Lohnsteuerrecht allgemein geltenden Bewertungsmaßstab, dem üblichen Endpreis am Abgabeort, von dem übliche Preisnachlässe abzuziehen sind.[1] Übliche Preisnachlässe sind durch einen pauschalen Abschlag von 4 % zu berücksichtigen. Alternativ darf auch der zum Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs günstigste Kaufpreis angesetzt werden, der am Gebrauchtwagenmarkt (z. B. im Internet) für ein vergleichbares Auto angeboten wird. Die Finanzverwaltung verlangt eine entsprechende Nachweisführung, die als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen ist. Wird als üblicher Endpreis der günstigste Preis am Markt angesetzt, ist damit der Ansatz des pauschalen Abschlags von 4 % ausgeschlossen.

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Schätzung des Verkehrswerts anhand von Marktübersichten

Fehlt es an zeitnahen Kaufpreisfeststellungen am Gebrauchtwagenmarkt bzw. an einem zeitnahen Wertgutachten eines staatlich vereidigten Sachverständigen, ist für die Bestimmung des üblichen Endpreises eine Schätzung durchzuführen. Die Ermittlung des am Gebrauchtwagenmarkt aktuellen Verkaufswerts für den Dienstwagen kann anhand der im Rechtsverkehr anerkannten Preisübersichten für gebrauchte Pkw erfolgen, etwa nach für den Gebrauchtwagenhandel herausgegebenen "Schwacke-Listen" oder dem "DAT-Marktspiegel". Die monatlich veröffentlichten Gebrauchtwagenpreislisten unterscheiden den jeweiligen Fahrzeugtyp in Baujahr, Erstzulassung, Anschaffungsdatum, Kaufpreis, (Sonder-)Ausstattung. Von entscheidender Bedeutung für eine zutreffende Schätzung sind der Fahrzeugzustand sowie die bisherige Kilometer-Fahrleistung.

Da sich der Bewertungsgrundsatz "üblicher Endpreis" auf den privaten Endverbraucher bezieht, darf für den maßgeblichen Gebrauchtwagenwert nicht auf den Händlereinkaufspreis abgestellt werden, sondern auf den Preis, den das Fahrzeug unter Berücksichtigung der vereinbarten Nebenleistungen auf dem (privaten) Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich erzielen würde. Es muss deshalb für das konkret zu bewertende Auto von dem in den Marktübersichten ausgewiesenen höheren Händlerverkaufspreis (einschließlich USt) ausgegangen werden, von dem aufgrund der individuellen Besonderheiten des vom Arbeitnehmer übernommenen Dienst-Pkw noch Zu- und Abschläge vorgenommen werden müssen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Schätzung des Sachbezugs Dienstwagenübernahme

Ein Arbeitnehmer übernimmt beim Wechsel in den Ruhestand zum 31.3. den zuvor als Dienstwagen genutzten betrieblichen Pkw zum Verkaufspreis von 20.000 EUR. Der Arbeitgeber hat als Verkehrswert den Händlereinkaufspreis aus der Schwacke-Liste für das Fahrzeugmodell entnommen, der für das betreffende Baujahr, die Erstzulassung und die Ausstattungsmerkmale unter Berücksichtigung des Kilometerstands und des Fahrzeugzustands für den Dienstwagen dort ausgewiesen war. Der Händlerverkaufspreis (inkl. USt) für das veräußerte Auto beläuft sich auf 24.800 EUR. Auf der Online-Plattform für Gebrauchtfahrzeuge ist das mit dem übereigneten Firmenwagen identische und mit den übrigen Fahrzeugmerkmalen vergleichbare Auto im Internet zum selben Zeitpunkt mit einem Brutto-Verkaufspreis von 24.000 EUR angeboten worden.

Ergebnis: Die Ermittlung des aktuellen Verkehrswerts des Dienstwagens zum 1.4. bestimmt sich mangels Wertgutachtens eines amtlichen Sachverständigen nach dem Händlerverkaufspreis von 24.800 EUR. Der maßgebende übliche Endpreis ergibt sich durch Abzug etwaiger Preisnachlässe, die mit einem pauschalen Abschlag von 4 % angesetzt werden dürfen.

 
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