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Im Rahmen der ihm übertragenen Testamentsvollstreckung entscheidet der Testamentsvollstrecker über die zu treffenden Verwaltungsmaßnahmen. Dabei werden Inhalt und Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung nach objektiven Maßstäben bestimmt.

Nach § 2216 Abs. 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker das Gebot der ordnungsgemäßen Verwaltung zu befolgen und nach § 2216 Abs. 2 BGB die vom Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung getroffenen Anordnungen zu beachten. Innerhalb dieses Rahmens ist der Testamentsvollstrecker in seinen Entscheidungen frei.[1]

Nach der Rechtsprechung meint der Begriff "ordnungsgemäß", dass der Testamentsvollstrecker sein Amt gewissenhaft und sorgfältig führen sowie sich bemühen muss, das ihm anvertraute Vermögen zu erhalten und seine Handlungen an dem Ziel auszurichten, das Nachlassvermögen möglichst zu mehren und alles zu verhindern, was sich nachteilig für die Erben auswirken könnte. Er darf zwar Nachlassgegenstände verkaufen und Kredite aufnehmen, doch müssen diese Maßnahmen im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Vermögensverwaltung auch tatsächlich erforderlich sein. Im Vordergrund steht das Nachlassinteresse. Ob das Verhalten des Testamentsvollstreckers ordnungsgemäß und dem Nachlass dienlich ist, ist objektiv auszulegen.

Unterliegt eine Gesellschaftsbeteiligung der Testamentsvollstreckung, ist der Maßstab für die ordnungsgemäße Verwaltung relativ weit gefasst. Er orientiert sich an dem Leitbild des "dynamischen" Kaufmanns, der zur Wahrung von Geschäftschancen auch kalkulierbare Risiken eingehen muss.

Der Testamentsvollstrecker kann sich über die Anordnungen des Erblassers entweder nur im Einvernehmen mit allen Erben hinwegsetzen oder dann, wenn die Befolgung der Anordnung objektiv den Nachlass ernsthaft gefährden würde. Gesetzt den Fall eine ernsthafte Gefährdung würde gegeben sein, so können der Testamentsvollstrecker oder die Erben die Außerkraftsetzung einer Anordnung des Erblassers beim Nachlassgericht beantragen. Eine Außerkraftsetzung der Testamentsvollstreckung als solche kann auf diesem Wege allerdings bereits aufgrund des Wortlauts des Gesetzes sowie der Rechtsprechung nicht erreicht werden. § 2216 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB beziehen sich ausdrücklich auf Anordnungen des Erblassers.

 
Hinweis

Bei Zweifeln an einer wirtschaftlich sinnvollen Vermögensverwaltung können sich die Erben nur gegen einzelne Maßnahmen, nicht aber gegen die Testamentsvollstreckung als solche gerichtlich zur Wehr setzen.

Liegt keine Verwaltungsanordnung des Erblassers nach § 2216 Abs. 2 BGB vor, ist dem Testamentsvollstrecker anzuraten, sich vor grundlegenden Entscheidungen die Einwilligung der Erben und/oder Vermächtnisnehmer einzuholen und auf diese Weise einer Haftung nach § 2219 BGB vorzubeugen.

[1] Vgl. LG Bremen, Urteil v. 21.6.2019, 4 O 1796/17, zur testamentarisch angeordneten Pflicht des Testamentsvollstreckers zur "mündelsicheren Anlage" bei Investition in einen offenen Immobilienfonds.

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