Rz. 10

Neben der Anordnung der Testamentsvollstreckung steht es dem Erblasser selbstverständlich frei, transmortale oder postmortale Vollmachten zu erteilen. Diese stehen grundsätzlich gleichwertig neben der angeordneten Testamentsvollstreckung. Für den Fall des parallelen Bestehens einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung und einer postmortalen Vollmacht hat der BGH[1] nunmehr entschieden, dass hier eine sorgfältige Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des "wirklichen" Erblasserwillens vorzunehmen ist. Der Wille des Erblassers kann sich nämlich zwischen dem Zeitpunkt der Abfassung der letztwilligen Verfügung und der Erteilung einer post- oder transmortalen Vollmacht durchaus geändert haben, mit der Konsequenz, dass formal betrachtet inhaltlich einander widersprechende Verfügungen des Erblassers jeweils Gültigkeit besitzen würden.

Kommt es jedoch zu konkreten Kompetenzkonflikten, so ist im Zweifel wohl von einem Vorrang der Testamentsvollstreckung auszugehen, da eine vom Erblasser erteilte Vollmacht durch die Erben jederzeit widerrufen werden kann. Widerruft nur ein Miterbe, bleibt die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten für die übrigen Erben bestehen, er verliert jedoch die alleinige Vertretungsbefugnis.

[1] BGH, Beschluss v. 14.9.2022, IV ZR 34/21, zu einem Sachverhalt, in dem der Erblasser mehrere Testamentsvollstrecker gleichzeitig für verschiedene Aufgabenkreise bestimmt hatte, wobei die Beschwerdeführerin zusätzlich auch postmortal generalbevollmächtigt war.

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