Rz. 85

Wie bereits oben erwähnt, besteht zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker ein gesetzliches Schuldverhältnis. Damit greift für die Haftung des Testamentsvollstreckers ein eigener gesetzlicher Haftungsanspruch, der in § 2219 BGB geregelt ist. Sind mehrere Testamentsvollstrecker eingesetzt, so haften sie gesamtschuldnerisch, § 2219 Abs. 2, §§ 421 ff. BGB, es sei denn, dass jedem ein separater Aufgabenkreis übertragen wurde.

Auch haftet der Testamentsvollstrecker nach den allgemeinen Grundsätzen für ein Verschulden seiner Hilfspersonen bzw. kann ihn ein Überwachungsverschulden treffen, sofern er sich zur Erfüllung seines Amtes Fachkräften bedient. Hinzu kommt die Haftung nach §§ 823 ff. BGB und aus § 69 AO bei der Verletzung steuerlicher Pflichten.

 
Wichtig

Schon vor Amtsannahme und spätestens vor Beginn der Testamentsvollstreckung sollte der Testamentsvollstrecker unbedingt überprüfen, ob für diese Tätigkeit ausreichender Versicherungsschutz besteht.

Ist der Testamentsvollstrecker kein zwangsversicherter Berufsträger, so sollte unbedingt eine entsprechende Vermögensschadenshaftpflichtversicherung mit in Relation zu den Nachlasswerten ausreichendem Deckungsschutz (!) abgeschlossen werden. Für zwangsversicherte Berufsträger empfiehlt es sich im Bedarfsfalle die Höhe des Deckungsschutzes anzupassen.

Zudem sollte ein potenzieller Testamentsvollstrecker vor Amtsannahme sich der Tatsache bewusst sein, dass er möglicherweise nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen auch durch Dritte auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, z. B. als Verkäufer eines Nachlassgrundstücks wegen möglicher Zurechnung von Kenntnissen der Erben über Mängel der Kaufsache oder andere offenbarungsbedürfte Umstände (wie etwa die Denkmaleigenschaft der Kaufsache).[1]

[1] Vgl. hierzu die instruktive Entscheidung des BGH, Urteil v. 19.3.2021, V ZR 158/19, der die die Klage abweisende erstinstanzliche Entscheidung des LG unter Aufhebung der Entscheidung des Hanseatischen OLG Hamburg, Urteil v. 24.5.2019, 1 U 128/18, bestätigt hat.

13.1 Voraussetzungen

 

Rz. 86

Gemäß § 2219 Abs. 1 BGB hat der Testamentsvollstrecker Schadensersatz zu leisten, wenn er bei der Ausübung seines Amtes schuldhaft eine ihm obliegende Verpflichtung verletzt und den Erben hierdurch ein Schaden entsteht. Hierbei hat er sich an seinen beruflichen Qualifikationen messen zu lassen. Eine Pflichtverletzung kann sowohl die Ausführung einer pflichtwidrigen als auch das Unterlassen einer pflichtgemäßen Handlung sein.

Insofern ist eine objektive Verletzung Haftungsvoraussetzung, deren Umfang nach der Regelung des § 2216 BGB beurteilt wird, die den Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses im Interesse des Erblasserwillens verpflichtet. Die Pflichten des Testamentsvollstreckers ergeben sich aus den gesetzlichen Vorschriften in §§ 2203 bis 2209, §§ 2215 bis 2218 und § 2226 Satz 3 BGB sowie aus den Anordnungen des Erblassers.

Weiterhin ist erforderlich, dass den Testamentsvollstrecker ein haftungsbegründendes Verschulden trifft, das sowohl Vorsatz als auch jegliche Form der Fahrlässigkeit umfasst. Der strenge Maßstab der zu beachtenden Sorgfalt orientiert sich dabei zum einen an der besonderen Vertrauensstellung der treuhänderischen Amtsführung und zum anderen daran, dass der Testamentsvollstrecker weder einer allgemeinen Aufsicht des Nachlassgerichtes unterliegt noch er sein Amt weisungsabhängig ausübt. Mithin hat er bei klaren Fehleinschätzungen oder Willkür mit seinem eigenen Vermögen zu haften, es sei denn, die Erben haben ihre Zustimmung erteilt.

Überträgt beispielsweise ein Testamentsvollstrecker das Bankguthaben des Verstorbenen an eine zweifelhafte Privatbank im Ausland, die bald darauf in Insolvenz geht, so haftet der Testamentsvollstrecker nicht aus eigenem Verschulden, wenn die Erben die Übertragung ausdrücklich gebilligt haben.

Pflichtwidrig handelt der Testamentsvollstrecker in der Regel dann, wenn er die Grenzen seines Ermessens, die durch allgemeine Grundsätze der Wirtschaftlichkeit gezogen werden, überschreitet. Hier gilt ein nur eingeschränkter gerichtlicher Prüfungsmaßstab.[1]

 

Rz. 87

Sind mehrere Testamentsvollstrecker bestellt, so haften sie gemäß § 2219 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner, sofern sie gleichberechtigt sind. Gemeint sind Mitvollstrecker i. S. d. § 2224 BGB, die das Amt gemeinsam führen und nicht nur jeweils ein bestimmtes Aufgaben- und Tätigkeitsfeld erfüllen. Sind individuelle Aufgaben zugewiesen, so haftet jeder Testamentsvollstreckung nur innerhalb seines Aufgabenbereichs.

Abzugrenzen ist dies allerdings von dem Fall, dass mehrere Testamentsvollstrecker nacheinander tätig werden. Die Gesamtschuldnerhaftung gilt dann nicht, wenn der eingetretene Schaden nachweislich durch einen bestimmten Testamentsvollstrecker verursacht wurde und allein ihm zugeordnet werden kann. Etwas anderes gilt nach einer Meinung in der Literatur allerdings dann, wenn sich das pflichtwidrige Verhalten der nacheinander tätig werdenden Testamentsvollstrecker überlagert. Di...

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