A. Zusammentreffen mit Zwangsversteigerungsverfahren

I. Allgemeines

 

Rz. 948

Beides sind grundsätzlich selbstständige Verfahren, welche auch beim Gericht in getrennten Akten geführt werden (Aktenzeichen: K = Zwangsversteigerung; L = Zwangsverwaltung). Sowohl die Gerichts- als auch die Rechtsanwaltskosten werden getrennt berechnet. Soll eine Eingabe beide Verfahren betreffen, ist sie zweifach unter Angabe beider Aktenzeichen einzureichen. Anmeldungen gelten nur in dem Verfahren, für welches sie bestimmt sind. Im jeweils anderen Verfahren haben sie keine Wirkung. Es kann also z.B. Rangverlust nach § 110 ZVG eintreten, wenn ein Beteiligter rückständige Zinsen nur in der Zwangsverwaltung anmeldet (wo die Anmeldung nichts bewirkt) während bei der Zwangsversteigerung die Anmeldung den Rangverlust verhindert hätte.

Dessen ungeachtet bestehen aber auch Berührungspunkte,[1] wenn beide Verfahren das gleiche Objekt betreffen. Insbesondere kann die Unterstützung des Versteigerungsverfahrens für die Zwangsverwaltung das Rechtsschutzbedürfnis schaffen (siehe § 1 Rn 7).

[1] Hierzu LSZ-Depré, § 49 InsO Rn 23 ff.

II. Die Beschlagnahme

 

Rz. 949

Grundsätzlich wirkt die Beschlagnahme nur in dem Verfahren, in welchem sie erfolgte. Dazu gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Die in der Zwangsverwaltung bewirkte Beschlagnahme, die vor der ersten Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung erfolgte, gilt auch für letztere als Rechenzeitpunkt für die Zuordnung wiederkehrender Leistungen als "laufend" oder "rückständig" (§ 13 Abs. 4 S. 2 ZVG). Dies gilt nicht umgekehrt! Diese Wirkung tritt aber nur ein, wenn eine Beschlagnahme[2] in der Zwangsverwaltung noch zu dem Zeitpunkt besteht, in welchem die erste Beschlagnahme der Versteigerung wirksam geworden ist.

 

Rz. 950

Die Regelung kann z.B. für einen Beteiligten bewirken, dass er den Versteigerungsantrag zeitlich noch etwas aufschieben kann,[3] ohne dass er das Privileg für die rückständigen Leistungen (§ 10 Abs. 1 S. 2 bis 4 ZVG) verliert. Es kann ihn andererseits aber auch zwingen, evtl. hohe Kostenvorschüsse für die Zwangsverwaltung zu zahlen (um deren Aufhebung gem. § 161 ZVG zu verhindern), wenn der Zwangsversteigerungsantrag nicht rechtzeitig gestellt werden soll oder kann. Dies ist ein besonderes Risiko für die Gemeindekassen,[4] welche sich auf die Zwangsverwaltung auf Antrag eines Dritten (Bank) verlassen haben.

 

Rz. 951

Die Zuordnung "laufend" und "rückständig" erfolgt in beiden Verfahren getrennt. Es ist also möglich und zu beachten, dass eine Zinsrate in der Zwangsverwaltung "rückständig" und in der Zwangsversteigerung "laufend" sein kann, wenn die Zwangsverwaltung nach der Zwangsversteigerung angeordnet wurde.

[2] Es muss nicht die erste Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung sein; es genügt, dass das Verfahren insgesamt noch anhängig ist.
[3] Zu denken wäre an den Fall, dass sich der Schuldner nach Anordnung der Zwangsverwaltung, aber vor Anordnung der Zwangsversteigerung ins Ausland absetzt oder unbekannten Aufenthaltes ist, was die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung monatelang verzögern kann.
[4] Hierzu Glotzbach-Goldbach, Rn 27.

III. Gezahlte Zinsen

 

Rz. 952

Zahlt der Zwangsverwalter an ein Recht der Rangklasse 4 laufende Zinsen oder wiederkehrende Leistungen aus einer Reallast, führt dies zum Erlöschen (§§ 1159, 362 BGB) der dinglichen Zinsen/Reallastrate, da der Zwangsverwalter nur auf das dingliche Recht, nie auf die persönliche Forderung, leisten kann und der Empfänger zur entsprechenden Verrechnung verpflichtet ist (siehe § 1 Rn 366). Das Vollstreckungsgericht ist sowohl bei der Aufstellung des geringsten Gebotes als auch insbesondere im Verteilungstermin verpflichtet, von Amts wegen dieses Erlöschen zu beachten. An sich wird ein korrekter Beteiligter dies in seiner Anmeldung angeben. Da aber laufende Zinsen auch in der Zwangsversteigerung nicht anmeldepflichtig sind[5] und manche Beteiligte (Banken) dazu neigen, Zwangsverwalter-Zahlungen regelwidrig nach ihren Geschäftsbedingungen zu verrechnen, sollte der Verwalter dem Gericht zu diesen Terminen mitteilen, was er für welchen Zeitraum bezahlt hat.

[5] Da die vom Verwalter gezahlten Zinsen dinglich erloschen sind (das Grundbuch ist unrichtig), handelt es sich nicht um eine "Minderanmeldung" (so aber HWFH, Einleitung Rn 23). Eine solche wird allgemein dahin verstanden, dass ein Beteiligter einen ihm noch zustehenden Anspruch im Verfahren nicht geltend macht.

IV. Vorschüsse

 

Rz. 953

Hat ein Gläubiger in der Zwangsverwaltung Vorschüsse geleistet, haben diese in der Zwangsversteigerung unter den nachgenannten Voraussetzungen die Rangklasse 1 des § 10 ZVG; somit eine optimale Chance auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös.

Voraussetzungen sind:

Der Gläubiger muss die Zwangsverwaltung selbst betreiben oder betrieben haben. Es ist nicht erforderlich, dass er auch die Zwangsversteigerung betreibt.
Die Zwangsverwaltung muss bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung (nicht bis zur Rechtskraft!) fortgedauert haben. Es ist aber nicht erforderlich, dass der Vorschusszahler selbst zu diesem Zeitpunkt noch die Zwangsverwaltung betreibt. Allerdings muss es die g...

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