Rz. 4

Da das ZVG nur ein herausgelöster Teil (§ 869 ZPO) der Zivilprozessordnung ist, müssen zur Anordnung der Zwangsverwaltung die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen, insbesondere muss ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden sein. Dieses fehlt sonst bei Vollstreckungshandlungen, wenn von Anfang an feststeht, dass eine Befriedigung des Gläubigers durch diese Handlung nicht zu erwarten ist; was auch § 803 Abs. 2 ZPO ausdrücklich feststellt. Es war bisher umstritten, ob diese Vorschrift im Rahmen der Immobiliarvollstreckung überhaupt Anwendung finden kann. Nunmehr hat der BGH[4] zutreffend klargestellt, dass dies nicht der Fall ist.

 

Rz. 5

Schließlich hat das ZVG für den Fall eines ergebnislosen Versteigerungsversuches in § 77 ZVG eine Sonderregelung geschaffen. Dort ist vorgesehen, dass ein Zwangsversteigerungsverfahren, welches bereits zweimal mangels Gebot gescheitert ist (und somit nachweislich dem Gläubiger keine Befriedigung gewähren konnte) als Zwangsverwaltung fortgesetzt werden kann. Der Teilsatz "liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung vor" wird allgemein dahingehend verstanden, dass die formellen Voraussetzungen vorhanden sein müssen.[5] Eine Chance des Gläubigers auf Befriedigung in der Zwangsverwaltung – die so gut wie nie vorhanden ist – wird nicht verlangt. Denn eine solche Zwangsverwaltung kann nur den Zweck haben, für einen neuen Antrag auf Zwangsversteigerung bessere Bedingungen (siehe § 1 Rn 7) zu schaffen. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass eine Zwangsverwaltung auch ein Rechtsschutzbedürfnis haben kann, wenn sie nicht unmittelbar auf die Befriedigung des Gläubigers im gleichen Verfahren gerichtet ist, was bei einer Mobiliarvollstreckung ausscheidet.

 

Rz. 6

Da die Zwangsverwaltung umfangreiche und für die Befriedigung des Gläubigers letztendlich wichtige Wirkungen haben kann, wäre es zu eng gesehen, das Rechtsschutzbedürfnis nur daran zu messen, ob künftig eine Teilungsmasse ("Überschüsse") vorhanden ist und ob der Gläubiger aus dieser eine Zuteilung[6] zu erwarten hat. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des formal ausgestatteten Durchsetzungsrechts des Gläubigers wird man ihm regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis nicht versagen können. Nur wenn das Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausgenutzt wird,[7] kommt eine Ablehnung des Antrags auf Zwangsverwaltung mangels Rechtsschutzbedürfnisses in Betracht. Dies wäre z.B. der Fall, wenn der Antrag formularmäßig und ersichtlich ohne Sachprüfung und ohne erkennbaren sachlichen Nutzen gestellt würde. Sind keine Erträge für den Gläubiger zu erwarten, wird er allerdings darlegen müssen, welchen Nutzen ihm die Verwaltung bringen soll.

 

Rz. 7

Gründe für eine solche Zwangsverwaltung ohne unmittelbare Erträge sind meist im Gleichlauf (zulässig, § 866 Abs. 2 ZPO) mit einer bereits beantragten, anhängigen oder demnächst beabsichtigten Zwangsversteigerung zu finden, wo sie den Erlös günstig beeinflussen kann. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten seien beispielhaft genannt:

Der Berechtigte eines nachrangigen (in der Zwangsverwaltung aussichtslosen) Grundpfandrechtes möchte erreichen, dass die Mieteinnahmen zur Tilgung der Zinsen der vorrangigen Rechte verwendet werden, um in einer Zwangsversteigerung seine Befriedigungschance zu verbessern.[8]
Der Zwangsverwalter kann unübersichtliche Mietverhältnisse ordnen. Was oft übersehen wird: Auch nach der Aufhebung der §§ 57c und 57d ZVG können Mieter-Investitionen und Baukostenzuschüsse vorhanden sein[9] oder zumindest behauptet werden, die jetzt in der Zwangsversteigerung nicht mehr anmeldepflichtig sind. Erfährt der Ersteher erst nach dem Zuschlag von einer solchen Last, kann er deshalb den Zuschlag nicht anfechten.[10] Es kann einem Gläubiger, der die Zwangsversteigerung betreiben will, durchaus daran gelegen sein, dieses Risiko im Voraus auszuschließen.
Der Gläubiger kann über den Zwangsverwalter versuchen, eine vom Mieter geleistete Kaution zu sichern oder aber (bei nicht ordnungsgemäßer Anlage) gegen den Schuldner prozessual geltend zu machen (siehe dazu § 2 Rn 615 ff.).
Um ein höheres Gebot in der Versteigerung zu erzielen, sind Verbesserungen am Grundstück erforderlich, die der Schuldner nicht vornimmt.[11]
Der Zwangsverwalter kann das vom Schuldner verlassene Gebäude sichern und Bietinteressenten den Zugang ermöglichen, um ein höheres Gebot zu erreichen (umstritten, dazu ausführlich § 3 Rn 970).
 

Rz. 8

Allein der Wunsch, so dem vom Gericht im Zwangsversteigerungsverfahren bestellten Sachverständigen den Zutritt zu verschaffen, dürfte allerdings nicht ausreichen, zumal der Erfolg fraglich wäre.[12] In geeigneten Fällen kann dies aber durchaus einen das Zwangsversteigerungsverfahren fördernden Nebeneffekt haben, was insbesondere vom Geschick des Zwangsverwalters bei der Führung der Verwaltung abhängen wird. Die Zwangsverwaltung ist jedoch unzulässig, wenn sie nur dazu dienen soll, den Schuldner zum Antrag auf ...

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