Rz. 953

Hat ein Gläubiger in der Zwangsverwaltung Vorschüsse geleistet, haben diese in der Zwangsversteigerung unter den nachgenannten Voraussetzungen die Rangklasse 1 des § 10 ZVG; somit eine optimale Chance auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös.

Voraussetzungen sind:

Der Gläubiger muss die Zwangsverwaltung selbst betreiben oder betrieben haben. Es ist nicht erforderlich, dass er auch die Zwangsversteigerung betreibt.
Die Zwangsverwaltung muss bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung (nicht bis zur Rechtskraft!) fortgedauert haben. Es ist aber nicht erforderlich, dass der Vorschusszahler selbst zu diesem Zeitpunkt noch die Zwangsverwaltung betreibt. Allerdings muss es die gleiche Zwangsverwaltung sein. Vorschüsse aus einer früheren Zwangsverwaltung sind nicht privilegiert!
Der Vorschuss muss zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks tatsächlich verwendet worden sein. Es genügt nicht, dass er hierfür angefordert wurde! Vorschüsse, die zur allgemeinen Kostendeckung (§ 155 Abs. 1 ZVG) gezahlt oder verwendet worden sind, haben kein Privileg.[6] Hat ein Gläubiger aufgrund des entsprechenden Verwalter-Verlangens für Erhaltung/Verbesserung einen Vorschuss gezahlt und der Verwalter hat ihn anderweitig verwendet, entfällt das Privileg. Hierfür geleistete und nicht bis zum Versteigerungstermin verbrauchte Vorschüsse sind nach Rechtskraft des Zuschlags zurückzugeben.
Der Vorschuss darf nicht aus den Erträgen der Verwaltung gedeckt sein. Anderenfalls hat die Zahlungspflicht des Verwalters gemäß seinem Teilungsplan Vorrang vor der Zuteilung aus dem Versteigerungserlös!
 

Rz. 954

Der Vorschuss muss vom Gläubiger, nicht vom Verwalter (das wäre unwirksam und führt zum Rangverlust!), beim Gericht spätestens im Versteigerungstermin (!) angemeldet werden. Eine Anmeldung erst im Verteilungstermin ist zu spät. Der Verwalter könnte den Gläubiger auf die Notwendigkeit einer solchen Anmeldung hinweisen.

Deshalb kann der Gläubiger bei Meidung eines Rangverlustes zwischen Versteigerungstermin und Zuschlag – auch wenn dies[7] ausnahmsweise lang dauert – keinen Vorschuss zur Erhaltung und Verbesserung geben! Auch daran sollte der Verwalter rechtzeitig denken!

 

Rz. 955

Hat der Gläubiger die Anmeldung im Verteilungstermin der Zwangsverwaltung versäumt und erhält deshalb aus den Erträgen keine Befriedigung, kann er seine Forderung immer noch im Versteigerungsverfahren anmelden. Will er wegen des Vorschusses dem Zwangsversteigerungsverfahren beitreten, bedarf es hierzu eines Duldungstitels.[8] Leistet er den Vorschuss erst nach dem Verteilungstermin der Zwangsverwaltung, kann er "Ergänzung" (siehe § 1 Rn 372 ff.) verlangen.

[7] Längere Zwischenzeit könnte vorkommen, wenn die Zustimmung des Ausgebers eines Erbbaurechtes oder eines WEG-Beteiligten noch erstritten werden muss oder eine sehr schwierige Entscheidung nach § 765a ZPO ansteht (Selbstmorddrohung für den Zuschlagsfall). Eine grundlose Vertagung der Zuschlagsentscheidung ist unzulässig und u.U. ein Haftungsfall für den Rechtspfleger; dazu BGH Rpfleger 2012, 640.
[8] LG Bochum Rpfleger 1994, 517 (str.).

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