1. Insolvenz beseitigt Schuldner-Vorbehalte

 

Rz. 999

Gemäß § 149 Abs. 1 und Abs. 3 ZVG hat der Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen ein Wohnrecht und einen Anspruch auf Unterhalt. Das Grundstück gehört – unbeschadet der Sonderbefugnisse des Zwangsverwalters – zur Insolvenzmasse. Daraus ergibt sich, dass nunmehr die Vorschriften der InsO jene des ZVG verdrängen. Der Gläubigerversammlung bzw. vorher dem Insolvenzverwalter steht die Entscheidung darüber zu, ob und welchen Unterhalt der Schuldner aus einem Gegenstand der Insolvenzmasse zu erhalten hat (§ 100 InsO). Diese Entscheidung bindet den Zwangsverwalter. Er darf also den Schuldner nur entgeltfrei wohnen lassen oder ihm aus den Erträgen des § 149 Abs. 3 ZVG Unterhalt gewähren, wenn der Insolvenzverwalter bzw. die Gläubigerversammlung dies bewilligt haben.[46]

[46] LSZ-Depré, § 49 InsO Rn 92 ff.; HWFH, § 149 ZVG Rn 6.

2. Folgen für den Schuldner

 

Rz. 1000

Wird dem Schuldner das entgeltfreie Wohnrecht verweigert und ist dieser nicht bereit, mit dem Zwangsverwalter einen Mietvertrag zu den ortsüblichen Bedingungen abzuschließen, muss er aus der Wohnung entfernt werden. Fraglich ist, wie dies zu geschehen hat.

 

Rz. 1001

In § 149 Abs. 2 ZVG ist dem Vollstreckungsgericht eine Räumungsanordnung nur in den dort genannten Fällen zugestanden. Diese Vorschrift ist keiner Ausweitung fähig, weshalb der Zwangsverwalter gegen den Schuldner Räumungsklage erheben muss. Notfalls muss das Gericht gegen ihn "im Aufsichtswege einschreiten",[47] also eine entsprechende Weisung nach § 153 ZVG erlassen. Der Verwalter ist an diese Weisung gebunden. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Kosten für diesen Rechtsstreit gedeckt sind. Der Zwangsverwalter hat keinen Rechtsbehelf gegen die Weisung des Gerichts. Allerdings auch keine Verantwortung z.B. für die Kosten, wenn die Klage abgewiesen wird.

 

Rz. 1002

Ist der Schuldner nach § 150b ZVG zum Zwangsverwalter bestellt, kann die Gläubigerversammlung nach der hier vertretenen Auffassung seinen Unterhaltsanspruch nach § 150e ZVG nicht beeinträchtigen. Zwar erhält er keine Vergütung; die in § 150e geregelte Unterhaltsgewährung ist aber keine reine Alimentation, sondern steht im engen Zusammenhang mit der Verwaltertätigkeit[48] und geht daher insoweit den insolvenzrechtlichen Vorschriften vor. Gleiches muss z.B. gelten, wenn der Schuldner als Gegenleistung für die ihm belassene Wohnung wertrelevante Hausmeisterpflichten wahrnimmt und damit die Anstellung eines Hausmeisters erspart.

[47] HWFH, § 149 ZVG Rn 6.
[48] Sonst wäre es nicht verständlich, dass der Gesetzgeber die Alimentation des Verwalters (§ 150e ZVG) und des "Nichtverwalters" (in § 149 Abs. 3 ZVG) bei gleicher Situation getrennt geregelt hat.

3. Folgen für den Zwangsverwalter

 

Rz. 1003

Weigert sich das Gericht, den Verwalter anzuweisen, kann der Insolvenzverwalter eine solche Anweisung durch sofortige Beschwerde (denn er muss wohl immer gehört werden) erzwingen.

Räumt der Schuldner die Wohnung, wird sie nicht etwa vom Insolvenzverwalter, sondern vom Zwangsverwalter vermietet und die Miete gehört zu dessen Teilungsmasse.[49] Hierdurch wird die Insolvenzmasse indirekt entlastet, da sich das Absonderungsrecht durch die zusätzlichen Einnahmen verringert.

[49] LSZ-Depré, § 49 InsO Rn 92 ff.

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