Rz. 149

Trifft eine Verfügung des Schuldners (also z.B. die Veräußerung oder Bestellung eines Rechtes) mit der Beschlagnahme zeitlich eng zusammen, stellt sich immer wieder die Frage, ob die Beschlagnahme dem Dritten gegenüber wirksam geworden ist und ob das Vollstreckungsgericht Maßnahmen ergreifen muss, gegebenenfalls welche.

 

Rz. 150

Da die Beschlagnahme auch in der Zwangsverwaltung ein relatives Veräußerungsverbot bewirkt (§ 23 Abs. 1 S. 1 ZVG), finden die Vorschriften der §§ 135, 136 BGB und somit auch § 892 BGB Anwendung. Außerdem ist die allgemeine Regelung des § 878 BGB zu beachten.[127]

Die nachfolgenden Beispiele gehen davon aus, dass eine Veräußerung des Grundstücks mit der Beschlagnahme konkurriert und dass die jeweilige Urkunde inhaltlich den Anforderungen des § 878 BGB entspricht.

 

Rz. 151

 

Beispiel 1

Antrag auf Zwangsverwaltung am 19.3. – Eingang der Urkunde beim GBA am 20.3., Urkunde wird sofort eingetragen. – Anordnung der Zwangsverwaltung am 20.3., Beschlagnahme am 21.3.

Folge: Das Verfahren ist aufzuheben (§ 28 ZVG), wenn es von einem persönlichen Gläubiger betrieben wird. Ein dinglicher Gläubiger kann gegen den Erwerber vollstrecken, benötigt aber eine Klausel gegen diesen, welche er sich gemäß § 727 ZPO verschaffen kann. Das Vollstreckungsgericht wird hierzu das Verfahren unter Fristsetzung einstweilen einstellen (§ 28 ZVG) und es nach Vorlage der zugestellten Klausel von Amts wegen[128] fortsetzen.

 

Rz. 152

 

Beispiel 2

Antrag auf Zwangsverwaltung am 19.3. – Eingang der Urkunde beim GBA am 20.3. – Beschlagnahme am 21.3. durch Eingang des Ersuchens beim GBA. – Das GBA trägt am 22.3. zunächst die Urkunde und dann den Zwangsverwaltungsvermerk ein.

Folge: Da die Urkunde vor der Beschlagnahme beim GBA eingegangen ist, kann der Erwerber beschlagnahmefrei erworben haben. Da jedoch die Folge des § 878 BGB nicht grundbuchersichtlich sein kann, wird überwiegend[129] angenommen, dass das Vollstreckungsgericht nicht nach § 28 ZVG tätig werden kann, sondern der Erwerber auf den Prozessweg verwiesen ist. Sein besseres Recht wird er dort aber nur gegenüber einem persönlichen Gläubiger durchsetzen können, da ein dinglicher Gläubiger auch gegen ihn vollstrecken kann, ohne hierfür einer neuen Klausel zu bedürfen (§ 26 ZVG). Wird am 22.3. der Beitritt eines persönlichen Gläubigers zugelassen (Beschlagnahme für ihn am 23.3.), muss das Gericht ihm gegenüber das Verfahren nach § 28 ZVG aufheben, auch wenn bezüglich des ersten Gläubigers die Weiterführung möglich bleibt.

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Erwerber ohne Anmeldung Beteiligter i.S.d. § 9 ZVG ist, da er vor dem Zwangsverwaltungsvermerk als Eigentümer eingetragen wurde.

 

Rz. 153

 

Beispiel 3

Antrag auf Zwangsverwaltung am 19.3. – Beschlagnahme am 21.3. – Die am 20.3. gefertigte Urkunde geht am 22.3. beim GBA ein.

Folge: Der Erwerber kann sich gegenüber einem persönlichen Gläubiger nur durchsetzen, wenn er am 22.3. "gutgläubig" in Bezug auf die Beschlagnahme war (§ 892 BGB). Er ist nicht mehr gutgläubig, wenn er den Antrag vom 19.3. kannte (§ 23 Abs. 2 ZVG), auch wenn er die Beschlagnahme vom 21.3. nicht gekannt hat. Auch hier wird überwiegend[130] angenommen, dass der Erwerber auf den Prozessweg zu verweisen ist, da sein guter Glaube begrifflich nicht grundbuchersichtlich sein kann.

 

Rz. 154

Konkurriert die Beschlagnahme mit einer Auflassungsvormerkung, kommt es für die Frage der Aufhebung darauf an, ob später das Eigentum im Range der Vormerkung eingetragen wird. Bis dahin besteht für eine Tätigkeit (§ 28 ZVG) seitens des Gerichts kein Anlass. Nach der Eintragung des neuen Eigentümers ist in analoger Anwendung der vorgenannten Grundsätze darüber zu entscheiden, ob das Gericht nach § 28 ZVG das Verfahren aufheben oder einstweilen einstellen muss oder weiterführen kann.

 

Rz. 155

Konkurriert die Beschlagnahme mit der Eintragung einer neuen Belastung, finden die vorgenannten Grundsätze entsprechende Anwendung. Für die Folgen ist zu unterscheiden:

Konkurriert mit der Beschlagnahme ein Recht, das zum Besitz berechtigt (siehe § 1 Rn 65) kann dies die Weiterführung der Zwangsverwaltung ebenso beeinträchtigen wie eine Eigentumsänderung, evtl. aber auch (nur) die Zwangsverwaltung wie beschränken (siehe unter § 1 Rn 70). Eine solche Beschränkung führt gegebenenfalls in analoger Anwendung des § 28 ZVG zu einer Änderung des Anordnungsbeschlusses.
Da jedoch die Zwangsverwaltung ohne Rücksicht auf Rechte, die nicht zum Besitz berechtigen, angeordnet und geführt werden kann, kommt eine Aufhebung oder einstweilige Einstellung nicht in Betracht, wenn auf diese Weise noch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast eingetragen wird. Die §§ 878 bzw. 892 BGB haben somit nur Einfluss auf den Rang des neuen Rechtes gegenüber dem Gläubiger.
 

Rz. 156

Hebt das Gericht ein Verfahren in Anwendung des § 28 ZVG auf, beseitigt es die Beschlagnahme. Sie kann (auch vom Rechtsmittelgericht) rückwirkend nicht mehr hergestellt werden. Daher sollte stets angeordnet werden, dass die Wirkungen der En...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge