Rz. 120

Vielfach stellt die gerichtliche Zwangsverwaltung lediglich die ultima ratio dar, verglichen mit einer anderen Art oder mit einer Vorstufe der Zwangsverwaltung. Auf diese sei hier der Vollständigkeit halber hingewiesen. Die finanzierenden Banken und Kreditinstitute legen bereits im Vorfeld Wert darauf, evtl. Fehlentwicklungen beobachten zu können. Soweit es um vermietete oder verpachtete Immobilien geht, erwarten die finanzierenden Banken, dass die Mietverwaltungskonten in ihrem Institut geführt werden, und die Kreditinstitute sichern sich einmal durch die AGB-Pfandrechte den Zugriff auf die laufend eingehenden Mieten bzw. Pachteinnahmen und lassen sich zum anderen die Miet- und Pachteinnahmen abtreten. Dies wird vor dem Hintergrund verständlich, dass insbesondere bei Gewerbeimmobilien nicht der Substanzwert (Sachwert) als Beleihungswert im Vordergrund steht, sondern der Ertragswert, berechnet aus den laufenden Miet- und Pachteinnahmen. Gelangt ein derartiges Engagement in Schieflage, so kann es zu einer so genannten außergerichtlichen Institutsverwaltung kommen, wenn das Kreditinstitut im Einvernehmen mit dem Kreditnehmer das Miet- bzw. Pachtaufkommen an sich zieht, um eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Immobilie sicherzustellen. Fehlt es an der Kooperation zwischen Schuldner und Kreditinstitut oder kommen sonstige Gründe hinzu, so mündet eine derartige außergerichtliche Institutsverwaltung häufig in eine gerichtliche Zwangsverwaltung oder ein Insolvenzverfahren.

 

Rz. 121

Mit einem Insolvenzverfahren kann auch eine Zwangsverwaltung zusammentreffen (siehe § 3 Rn 978 ff.) oder auch eine so genannte "kalte Zwangsverwaltung" durchgeführt werden, in deren Rahmen der Insolvenzverwalter wie ein gerichtlich bestellter Zwangsverwalter für das dinglich gesicherte Kreditinstitut tätig wird. Er erhält entweder analog den §§ 18 bis 21 ZwVwV für seine quasi Zwangsverwaltertätigkeit eine entsprechende gesonderte Vergütung aus der "Zwangsverwaltungsmasse" oder als Insolvenzverwalter für den mit der kalten Zwangsverwaltung verbundenen Mehraufwand im Rahmen seiner Vergütungsfestsetzung eine gesonderte Vergütung.[116]

 

Rz. 122

Zwar kann der "kalte Zwangsverwalter" grundsätzlich Leistungen gegen Entgelt, d.h. steuerbare Leistungen (Umsatzsteuer), an die Grundpfandgläubiger erbringen. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Veräußerungserlös die gesicherte Forderung übersteigt und kein Massekostenbeitrag an die Insolvenzmasse fließt. Jedoch liegt ein steuerbarer entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag der Masse gegenüber dem Grundpfandgläubiger vor, wenn ein "Massekostenbeitrag" vereinbart wurde. Denn der Gläubiger hat kein eigenes Recht, das Grundstück im Interesse eines besseren Erlöses freihändig zu veräußern und muss hierzu die Leistung des Insolvenzverwalters in Anspruch nehmen.[117]

 

Rz. 123

Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Fall der "kalten Institutsverwaltung" erwähnt. Hier räumt der Insolvenzverwalter dem dinglich berechtigten Institut alle Rechte ein, die es hätte, wenn eine gerichtliche Zwangsverwaltung angeordnet worden wäre.

[116] Eickmann, Vergütungsrecht, vor § 1 Rn 25, 42; LG Leipzig IGZInfo 2007, 69. Zur "kalten Zwangsverwaltung", auch zur Vergütung und zur Frage, ob bezüglich Nebenkostenabrechnung und Mietkaution Insolvenzrecht oder die BGH-Rechtsprechung bezüglich der Zwangsverwaltung anzuwenden ist, auch Tetzlaff, ZfIR 2005, 179 ff.
[117] BFH ZfIR 2012, 28; IGZInfo 2011, 207. Dazu Depré/Lambert, ZfIR 2012, 1 (9).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge