Die Vorschrift stellt den Bevollmächtigten im Hinblick auf nach § 1829 Abs. 1 und 2 BGB genehmigungsbedürftigen Entscheidungen sowie im Hinblick auf nicht genehmigungsbedürftige Maßnahmen nach § 1829 Abs. 4 BGB mit dem amtlich bestellten Betreuer gleich.[55] Sofern aus der Patientenverfügung eines Betreuten hervorgeht, dass lebensverlängernde Maßnahmen abgebrochen werden sollen und zwischen Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass zwischen ihnen ein die Kontrollzuständigkeit des Gerichts erfordernder Konflikt zwischen ihnen nicht besteht, bedarf es nach einer Entscheidung des LG Oldenburg[56] für die Durchführung der vom Bevollmächtigten beabsichtigten Maßnahme nicht der Genehmigung des Betreuungsgerichts.

[55] BVerfG, Beschluss v. 10.6.2015, 2 BvR 1967/12, FamRZ 2015, 1365.
[56] LG Oldenburg, Beschluss v. 11.3.2010, 8 T 180/10, FamRZ 2010, 1470-1471.

3.5.1 Umfang der Vollmacht

Bis zum Jahr 1999 war es stark umstritten, ob sich eine Vollmacht auch auf Fragen der Gesundheitssorge erstrecken konnte. Erst mit Inkrafttreten des 1. Betreuungsänderungsgesetzes zum 1.1.1999 wurde durch Einfügung des § 1904 Abs. 2 BGB a. F. die Zulässigkeit von Vollmachten mit dem Bereich "Gesundheitssorge" geregelt.

Damit der Bevollmächtigte Entscheidungen über ärztliche Maßnahmen im Sinne des § 1829 Abs. 1 und 2 BGB treffen kann, muss der Regelungsbereich der Vollmacht sich auf diese Maßnahmen erstrecken bzw. die Maßnahmen des § 1829 BGB ausdrücklich umfassen, vgl. § 1820 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Man spricht hier vom sogenannten Konkretisierungsgebot.[57] Hierfür muss nicht unbedingt der Wortlaut der Vorschrift wiedergegeben werden. Dies dürfte zumindest aber die sicherste Variante sein. Es reicht nicht aus, wenn in der Vollmacht festgehalten ist, dass der Bevollmächtigte zur Vornahme "aller denkbaren Handlungen, Willenserklärungen und Maßnahmen, die einer Stellvertretung zugänglich sind"[58], berechtigt ist. Ferner genügt es nach Auffassung des LG Hamburg[59] nicht, wenn in der Vollmacht lediglich ausgeführt ist, dass dem Bevollmächtigten die "Sorge für die Gesundheit" des Vollmachtgebers übertragen wurde. Folge einer mangelhaften Formulierung ist die Unwirksamkeit der Bevollmächtigung.

Konsequenz hieraus ist, dass das Betreuungsgericht einen amtlichen Betreuer für den Vollmachtgeber zu bestellen hat. Zimmermann[60] schlägt insoweit folgende Formulierung vor:

"Ich erteile X Vollmacht für alle Angelegenheiten, die meine Gesundheit betreffen. Er kann in alle Untersuchungen bei mir einwilligen, in Heilbehandlungen, in die Einnahme von Medikamenten, in ärztliche Eingriffe. Dies darf der Bevollmächtigte, auch wenn die Gefahr besteht, dass ich aufgrund dieser Maßnahme sterbe oder gesundheitlichen Schaden erleide. Beispielsweise kann der Bevollmächtigte in Operationen (auch in Amputation von Arm oder Bein, von Herzoperationen) einwilligen, auch wenn ich daran sterben kann. Der Bevollmächtigte kann auch die Durchführung von Operationen verbieten. Der Bevollmächtigte kann vom behandelnden Arzt, Klinik und Pflegepersonal Auskunft über meinen Gesundheitszustand verlangen, Einsicht in die Krankenakten nehmen, Auskunft über die erforderliche Heilbehandlung verlangen. Alle werden insoweit von der Schweigepflicht befreit."

Mitumfasst von § 1820 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist auch die Möglichkeit, eine bereits erteilte Einwilligung des Vollmachtgebers zu widerrufen. Für den Fall, dass der Bevollmächtigte auch das Recht zur Vertretung des Vollmachtgebers in Fragen der Sterbehilfe haben soll, muss die oben erwähnte Formulierung insoweit erweitert werden.

[57] Zimmermann, S. 71, Rn. 77.
[58] Zimmermann, a. a. O.
[59] LG Hamburg, FamRZ 1999, 1613.
[60] Zimmermann, S. 72, Rn. 78.

3.5.2 Form

Die Vollmacht muss schriftlich erteilt werden, § 126 BGB. Eine mündliche Bevollmächtigung reicht nicht aus. Das Formerfordernis dient insbesondere der Rechtssicherheit und dem Schutz des Vollmachtgebers vor willkürlichen Entscheidungen eines mutmaßlich Bevollmächtigten.

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