Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Verfahren wegen desselben Anspruchs[264] zwischen denselben Parteien[265] anhängig gemacht (Anhängigkeit mehrerer Verfahren wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten)[266], so setzt – zwecks Vermeidung miteinander unvereinbarer Entscheidungen[267] – jedes später angerufene Gericht nach Art. 17 Abs. 1 der VOen das Verfahren von Amts wegen aus (Grundsatz der Aussetzung des Verfahrens zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts),[268] bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht (ohne Prüfung der Zuständigkeit des Erstgerichts und ohne Anerkennungsprognose).[269]

In den in Art. 17 Abs. 1 der VOen genannten Fällen teilt das in der Rechtssache angerufene Gericht gemäß Art. 17 Abs. 2 der VOen auf Antrag eines anderen angerufenen Gerichts diesem unverzüglich mit, wann es angerufen wurde.[270]

Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht nach Art. 17 Abs. 3 der VOen zugunsten dieses Gerichts für unzuständig (Antragsabweisung).[271] Im Interesse einer geordneten Rechtspflege wird dadurch – so Erwägungsgrund Nr. 42 der EuEheGüVO respektive Erwägungsgrund Nr. 41 der EuPartGüVO – vermieden, dass in den Mitgliedstaaten Entscheidungen ergehen, die miteinander unvereinbar sind. Insoweit treffen die VOen allgemeine Verfahrensvorschriften über die Rechtshängigkeit nach dem Vorbild anderer Rechtsinstrumente der Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen,[272] wenn dieselbe Güterrechtssache bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig gemacht wird. Die Regelung bestimmt, welches Gericht sich dann weiterhin mit der Güterrechtssache zu befassen hat.

[264] Zur Identität des Anspruchs (Verfahrensgegenstandes): Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn 214 ff; NK-BGB/Makowsky, Art. 17 EuGüVO/EuPartVO Rn 7 ff.
[265] Zur Identität der Parteien: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn 211 f; NK-BGB/Makowsky, Art. 17 EuGüVO/EuPartVO Rn 5 f.
[266] NK-BGB/Makowsky, Art. 17 EuGüVO/EuPartVO Rn 3 f.
[267] MüKo-BGB/Looschelders, EuGüVO Rn 66.
[268] Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn 223 ff; NK-BGB/Makowsky, Art. 17 EuGüVO/EuPartVO Rn 11.
[269] NK-BGB/Makowsky, Art. 17 EuGüVO/EuPartVO Rn 11.
[270] Zur Mitteilungspflicht: Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn 226.
[271] Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, B Rn 227.
[272] Vgl. Art. 29 Brüssel 1a-VO.

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