Leitsatz

Die Eintragung des Sondernutzungsrechts (hier: Kfz-Stellplatz) im Grundbuch bedarf der Bewilligung des Dienstbarkeitsberechtigten (Nachbarn) eines Kinderspielplatzmitbenutzungsrechts, das sich auf dieselbe Fläche erstreckt

 

Normenkette

(§ 10 Abs. 2 WEG; §§ 876, 877 BGB; § 19 GBO)

 

Kommentar

1. Wohnungseigentümer änderten die ursprüngliche Teilungserklärung und begründeten u.a. ein Sondernutzungsrecht für einen Eigentümer in Form eines Kfz-Abstellplatzes. In den Wohnungsgrundbüchern war in Abt. II ein Kinderspielplatzmitbenutzungsrecht für die jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks und ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer einer Wohnung in einer anderen Wohnanlage eingetragen.

2. Wird einem Wohnungseigentümer eine bestimmte Grundstücksfläche zur Sondernutzung als Kfz-Stellplatz zugewiesen, so ist damit eine andere Nutzung dieser Fläche ausgeschlossen.

3. Die Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch bedarf der Bewilligung des Dienstbarkeitsberechtigten eines Kinderspielplatzmitbenutzungsrechts, das sich auf dieselbe Fläche erstreckt. Betroffen im Sinne des § 19 GBO ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht im Zeitpunkt der Grundbucheintragung von dieser rechtlich beeinträchtigt wird oder beeinträchtigt werden kann; das ist dann der Fall, wenn die dingliche Rechtsstellung des Rechtsinhabers durch die vorzunehmende Eintragung irgendwie ungünstiger gestaltet wird oder zumindest ungünstiger gestaltet werden kann; dies setzt ein rechtliches, nicht nur ein tatsächliches oder wirtschaftliches Betroffensein voraus.

4. Materiell-rechtlich ist ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht weder ein dingliches noch ein grundstücksgleiches Recht, sondern ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht. Mit der Eintragung im Grundbuch bewirkt es allerdings eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte (BGHZ 91, 343; BayObLG, ZMR 2000, 638). Zur Inhaltsänderung ist nach §§ 876, 877 BGB die Zustimmung eines Dritten erforderlich, mit dessen Recht das Wohnungseigentum belastet ist, es sei denn, dass die dingliche Rechtsstellung des Dritten durch die Änderung rechtlich nicht berührt wird. Soweit danach die Zustimmung notwendig ist, bedarf es grundbuchrechtlich der Bewilligung. Vorliegend wurde durch die Begründung des Sondernutzungsrechts das Kinderspielplatz-Mitbenutzungsrecht rechtlich beeinträchtigt, sodass zu Recht die Zustimmung des insoweit dinglich Berechtigten verlangt wurde. Über die Benutzungsberechtigung hinaus sollte auch die Benutzungsart verändert werden (durch die Kfz-Stellplatznutzung). Insoweit könnte dem Berechtigten des Kinderspielplatz-Mitbenutzungsrechts nicht mehr die uneingeschränkte Ausübung dieses Rechts – bezogen auf die gesamte Fläche – ermöglicht werden; der abweichenden Auffassung von Röll (Münchner Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 10 WEG Rn. 16) kann insoweit nicht gefolgt werden.

5. Die Bewilligung des weiteren Berechtigten eines Geh- und Fahrtrechts ist allerdings nicht erforderlich, wenn die Ausübung dieser Dienstbarkeit auf eine andere Fläche des Grundstücks beschränkt ist. Vorliegend befindet sich die betroffene Fläche an einer anderen Stelle des Grundstücks als der verfahrensgegenständliche Kfz-Stellplatz; somit war eine rechtliche Beeinträchtigung des Geh- und Fahrtrechts ausgeschlossen, sodass weder materiell-rechtlich eine Zustimmungspflicht nach den §§ 876, 877 BGB bestand noch der Geh- und Fahrtberechtigte im Sinne des § 19 GBO betroffen war.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 09.04.2002, 2Z BR 30/02( BayObLG v. 9.4.2002, 2Z BR 30/02, BayObLGZ 2002 Nr. 19)

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