Rz. 138

Das Ausschlagungsrecht gibt dem vorläufigen Erben die Möglichkeit, den Erbschaftsanfall durch einseitige Willenserklärung rückwirkend (§ 1953 Abs. 1 BGB) zu beseitigen. Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht entweder zu dessen Niederschrift oder in öffentlich beglaubigter Form (§ 1945 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 139

Zuständig als Nachlassgerichte sind die Amtsgerichte. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich dabei nach § 343 FamFG. Grundsätzlich örtlich zuständig ist daher das Amtsgericht am Wohnsitz des Erblassers (§ 343 Abs. 1 FamFG). Hat der Erblasser keinen inländischen Wohnsitz, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (§ 343 Abs. 2 FamFG). Ist der Erblasser Deutscher, hatte er aber weder Wohnsitz noch Aufenthalt in Deutschland oder befinden sich Nachlassgegenstände im Inland, so ist nach § 343 Abs. 3 FamFG das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Im Hinblick auf die Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte ist aber auch die Entscheidung des EuGH in der Sache "Oberle"[117] zu berücksichtigen. Darin führte der EuGH aus, dass die Zuständigkeitsregelung des Art. 4 EuErbVO auch für das Erbscheinsverfahren den Vorschriften des FamFG vorgeht. Folgt man dem,[118] kann in all den Fällen, in denen nach Art. 4 EuErbVO eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist, ein Erbschein vor deutschen Gerichten beantragt werden.

 

Rz. 140

Die Ausschlagung kann grundsätzlich gem. § 1944 Abs. 1 BGB nur binnen sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt gem. § 1944 Abs. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund seiner Berufung Kenntnis erlangt. Die Frist beginnt bei gewillkürter Erbfolge allerdings erst ab Verkündung der Verfügung.[119] Statt der Sechs-Wochen-Frist des § 1944 Abs. 1 BGB beträgt die Frist sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland hatte oder wenn der Erbe sich bei Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat (§ 1944 Abs. 3 BGB). Soweit die Ausschlagungsfrist versäumt wurde, kommt eine Anfechtung der Fristversäumung in Betracht (§ 1956 BGB). Auch die Annahme der Erbschaft kann angefochten werden. Anfechtungsgründe sind insofern Inhalts- und Erklärungsirrtum und der Eigenschaftsirrtum i.S.v. § 119 Abs. 2 BGB.[120]

[118] Zustimmend: Zimmermann, ZEV 2018, 468; Mankowski, ErbR 2018, 506; Frosanier, FamRZ 2018, 1265; kritisch dagegen mit überzeugender Begründung: Dörner, DNotZ 2018, 683; Weber, RNotZ 2018, 454.
[119] NK-BGB/Ivo, § 1944 BGB Rn 19; MüKo-BGB/Leipold, § 1944 BGB Rn 10; Palandt/Weidlich, § 1944 BGB Rn 4 f.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Siegmann/Höger, § 1944 BGB Rn 7.
[120] Zur Anfechtung ausführlich: NK-BGB/Ivo, § 1954 BGB Rn 1 ff.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Siegmann/Höger, § 1954 BGB Rn 1 ff.; MüKo-BGB/Leipold, § 1954 BGB Rn 1 ff.; Palandt/Weidlich, § 1954 BGB Rn 1 ff.

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