Rz. 228

In bestimmten Fällen kann ein Ehegatte von dem anderen die vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs verlangen. Auch die Regelungen zum vorzeitigen Zugewinnausgleich wurden zum 1.9.2009 reformiert. Mit der Reform wurden die Voraussetzungen für die Beantragung eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs teilweise erleichtert. Ziel der Reform war es, den ausgleichsberechtigten Ehegatten frühzeitig und effektiver vor Vermögensminderungen zu schützen, die im Ergebnis seine Ausgleichsforderung beeinträchtigen können.

 

Rz. 229

Nach der bis zum 31.8.2009 geltenden Gesetzeslage musste der Ehegatte, dem eine Ausgleichsforderung zustand, nach den §§ 1385, 1386 BGB a. F. zunächst eine Gestaltungsklage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erheben. Gemäß § 1388 BGB a. F. trat mit Rechtskraft des Urteils, durch das auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkannt war, die Gütertrennung ein. Erst danach war nach herrschender Meinung die Erhebung einer Auskunfts- und Leistungsklage möglich, um die Zugewinnausgleichsforderung geltend zu machen. Nach der aktuellen Gesetzeslage kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte nunmehr kombiniert vorgehen. In den gesetzlich vorgesehenen Fällen des § 1385 BGB, auf die nachfolgend noch näher eingegangen wird, kann der Berechtigte sofort seinen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns kombiniert mit dem Gestaltungsantrag gerichtlich geltend machen. Alternativ kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte allein durch einen Gestaltungsantrag nach § 1386 BGB die Beendigung des Güterstandes mit dem Ziel der Gütertrennung verfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 1385 BGB vorliegen. Diesen Gestaltungsantrag kann auch der ausgleichspflichtige Ehegatte stellen.

 

Empfehlung:

Die isolierte Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1386 BGB kann auch dann sinnvoll sein, wenn der antragstellende Ehegatte keine Zugewinnausgleichsforderung zu erwarten hat, jedoch von den Beschränkungen des § 1365 BGB befreit werden möchte.

 

Rz. 230

Nach der Neufassung des § 1379 BGB existiert ein umfassender Auskunftsanspruch bereits ab Stellung eines Antrages nach §§ 1385 f. BGB. In der Praxis ist es oftmals erforderlich und sinnvoll, einen Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft mit einem Stufenantrag zu verbinden.

 

Empfehlung:

Ein solcher Antrag könnte wie folgt lauten:

Es wird beantragt,

  1. den durch die Erschließung der Beteiligten am … begründeten Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufzuheben;
  2. den Antragsgegner zu verpflichten,

    1. der Antragstellerin Auskunft über den Bestand seines zum Zeitpunkt der Eheschließung am (genaues Datum) vorhandenen Vermögens durch Vorlage eines schriftlichen Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiva und Passiva, zu erteilen und den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt mitzuteilen,
    2. Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am Tag der Zustellung dieses Antrages durch Vorlage eines schriftlichen Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiva und Passiva, zu erteilen und den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt mitzuteilen,
    3. folgende Unterlagen vorzulegen: (genaue Bezeichnung der einzelnen Unterlagen):
    4. ggf. die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern;
    5. an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in einer nach Auskunftserteilung noch zu beziffernden Höhe nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtskraft des Beschlusses zu Ziffer 1 zu zahlen.
 

Rz. 231

Die rechtskräftige Entscheidung über einen Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 BGB oder auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach § 1386 BGB hat zur Folge, dass der Stichtag für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung vom Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages auf den Tag der Rechtshängigkeit des Antrages auf vorzeitigen Zugewinnausgleich vorverlagert wird. Diese Folge ergibt sich aus § 1387 BGB.

 

Rz. 232

Zudem endet mit der rechtskräftigen Entscheidung sowohl im Falle des Vorgehens nach § 1385 BGB als auch nach § 1386 BGB der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Gemäß § 1388 BGB tritt dann Gütertrennung ein.

 

Empfehlung:

Mit Rechtskraft des Beschlusses auf vorzeitigen Zugewinnausgleich entsteht der Zugewinnausgleichsanspruch, weil der Güterstand dann beendet ist im Sinne des § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB. Infolgedessen ist die Ausgleichsforderung bereits ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen. Allein die Verzinsung kann bei hohen Ausgleichsforderungen ein Grund dafür sein, den Güterstand schnellstmöglich zu beenden.

 

Rz. 233

Eine weitere Problematik hat sich im Zuge der Reform erledigt. Nach dem alten Recht war höchst umstritten, wie die Ausgleichsforderung gesichert werden konnte. Insbesondere war unklar, ob die zukünftige Zugewinnausgleichsforderung direkt durch Arrest nach § 916 ZPO sicherbar war.

Durch Aufhebung des § 1389 BGB a. F. wurde klargestellt, dass eine direkte Sicherung des künft...

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