Rz. 166

Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1376 Abs. 2 BGB ist der objektive (Verkehrs-)Wert der Vermögensgegenstände maßgebend. Ziel der Wertermittlung ist es deshalb bei der Bewertung von Unternehmen, diese mit ihrem "vollen, wirklichen" Wert anzusetzen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Die sachverhaltsspezifische Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Methoden[1] und deren Anwendung ist Aufgabe des – sachverständig beratenen – Tatrichters.[2]

[1] Vgl. die Zusammenstellungen von Schröder, in Bewertungen im Zugewinnausgleich, 4. Aufl., Rn. 67 ff. und Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Aufl., Rn. 94 ff.

3.4.35.1 Bewertungsmethoden

 

Rz. 167

Unterschieden wird allgemein zwischen dem Liquidations- bzw. Zerschlagungswert, dem Sach- bzw. Substanzwert nebst dem sogenannten Goodwill und dem Ertragswert.

 

Rz. 168

Unter dem Liquidations- oder Zerschlagungswert versteht man den Wert, der bei einer Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände eines Betriebes zu erzielen ist. Die bestehenden Verbindlichkeiten und die entstehenden Liquidationskosten sind von diesem Wert in Abzug zu bringen. Zu den Liquidationskosten gehören auch die latenten Ertragsteuern, die bei einer Liquidation des Unternehmens anfallen können. Der Liquidations- oder Zerschlagungswert bildet die unterste Grenze der Wertbestimmung – er kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn das Unternehmen zur Mobilisierung des Vermögens "versilbert" werden muss, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können, oder wenn dem Unternehmen wegen schlechter Ertragslage oder aus sonstigen Gründen keine günstige Fortführungsprognose gestellt werden kann.[1]

 

Rz. 169

Der Sach- oder Substanzwert entspricht dem Betrag, der notwendig ist, um zum Unternehmen gehörende Gegenstände (Einrichtungsgegenstände, Maschinen, Grundstücke, etc.) wieder zu beschaffen (Wiederbeschaffungswert). Davon in Abzug zu bringen sind die vorhandenen Verbindlichkeiten.

 

Empfehlung:

Die in den Anlageverzeichnissen festgehaltenen Werte der Gegenstände entsprechen nicht unbedingt dem Wiederbeschaffungswert. Darin verbergen sich regelmäßig aufgrund der im Verhältnis zu der tatsächlichen Nutzungsdauer höheren Abschreibung sogenannte stille Reserven.

 

Rz. 170

Das Ertragswertverfahren ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH[2] im Regelfall geeignet, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen.

Der Ertragswert stellt den Wert zukünftiger Einnahmen einer Investition zum heutigen Zeitpunkt dar. Für die Berechnung des Ertragswertes müssen zukünftige Einnahmen geschätzt und diskontiert werden. Entscheidend ist bei der Ermittlung des Ertragswertes demnach nicht der Wert der Anlagegüter, sondern der in der Zukunft zu erwartende Gewinn. Dieser zukünftig zu erwartende Gewinn wird auf der Basis des durchschnittlichen Gewinns der letzten 3–5 Jahre ermittelt, wobei die letzten Jahre in der Regel höher gewichtet werden als die bereits länger vergangenen[3]. Von dem Gewinn wird ein sogenannter Unternehmerlohn in Abzug gebracht und der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Bleibt danach noch ein Überschuss vorhanden, muss dieser kapitalisiert werden, wobei bei dem Kapitalisierungsfaktor auch noch einmal eine Bereinigung um Zu- oder Abschläge im Hinblick auf Besonderheiten des Unternehmens vorgenommen werden kann.

 

Rz. 171

Bei dem Goodwill handelt es sich um einen Aufschlag, den ein Käufer über den Sachwert eines Unternehmens hinaus im Hinblick auf die Erwartung zukünftiger Gewinne zu zahlen bereit ist. Ein solcher Goodwill ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn das Unternehmen einen festen Kundenstamm hat und nicht mit dem Inhaber steht oder fällt. Daneben können noch eine Vielzahl weiterer Kriterien wie die Marktstellung des Unternehmens, seine Lage, die Konkurrenzsituation, die Organisationen, etc. den Goodwill beeinflussen. Der Goodwill kann nicht zusätzlich zu dem Ertragswert berücksichtigt werden. In der Regel erfolgt eine Kombination aus Sachwert und Goodwill.

 

Rz. 172

In jedem Fall sind die latenten Ertragsteuern (§§ 16, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei der Ermittlung des Unternehmenswerts wertmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt. Insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten[4].

[2] BGH, Urteil v. 8.11.2017, XII ZR 108/16.
[3] BGH, Beschluss v. 13.4.2016, XII ZB 578/14.
[4] BGH, Urteil v. 9.2.2011, XII ZR 40/09, BGH.

3.4.35.2 Hinweise zu einzelnen Unternehmensarten

 

Rz. 173

Bei Gewerbe- und Handelsbetrieben wird im Regelf...

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