Das Geschiedenentestament ist dadurch gekennzeichnet bei gemeinsamen Kindern den geschiedenen Ehegatten weitestgehend aus der Erbfolge auszuschließen und darüber hinaus dem gemeinsamen Kind so wenig Beschränkungen wie möglich aufzuerlegen. Ein entsprechendes Erfordernis besteht, da der andere Elternteil nicht nur über die elterlichen Sorge[1] (Vermögenssorge) Einfluss auf die Erbschaft nehmen kann, sondern nach dem gemeinsamen Kind erb- und pflichtteilsberechtigt ist.

Zur Erreichung des vorstehenden Zwecks stehen dem Erblasser klassisch die "Nacherbenlösung" und die insoweit modernere "Vermächtnislösung" zur Verfügung[2].

[1] Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.7.
[2] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 6. Kapitel Rn. 23.

2.6.1 Nacherbenlösung

Eine Einsetzung des Kindes zum Vorerben und seiner gesetzlichen Erben – mit Ausnahme des anderen Elternteils und dessen Verwandtschaft – zu dessen Nacherben, würde das Kind den Beschränkungen der Vorerbschaft unterwerfen und zudem seine Testierfreiheit hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers einschränken. Da dies grundsätzlich nicht gewollt ist, ist die sog. "Dieterle-Klausel" vorzuziehen[1]. Hiernach werden Nacherben diejenigen Personen – ausgenommen der andere Elternteil und dessen Verwandte – die das Kind selbst zu seinen Erben bestimmt. Ein Verstoß gegen das Verbot der Fremdbestimmung nach § 2065 Abs. 2 BGB wird hierbei von der herrschenden Meinung verneint[211]. Für den Fall, dass das Kind keine eigenen Erben einsetzt, sollte der Erblasser einen Ersatzerben benennen, z. B. die gesetzlichen Erben des Kindes. Gleichfalls bietet es sich an die Anordnung von Vor- und Nacherbfolge unter die auflösende Bedingung des Versterbens des anderen Elternteils zu stellen und für diesen Fall Regelungen zu treffen, die die einseitigen Verwandten des Ausgeschlossenen ebenfalls von der Erbschaft fernhalten.

[1] Vgl. Dieterle, in: BWNotZ 1971 S. 15; Beispielformulierung: "Ich setze mein Kind ... zum alleinigen Erben ein. Ersatzerben sind dessen Abkömmlinge. Sind solche nicht vorhanden, sollen Ersatzerben meine übrigen Verwandten, jeweils nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge sein. Soweit mein Kind oder dessen Abkömmlinge Erben werden, sind sie nur von den gesetzlichen Beschränkungen befreite Vorerben. Nacherben auf ihren Tod sind ihre gewillkürten eigenen Erben, ersatzweise ihre gesetzlichen Erben. Als Nacherben ausgenommen sind mein geschiedener Ehegatte, dessen Abkömmlinge aus anderen Verbindungen und seine Verwandten aufsteigender Linie. Die Nacherbenanwartschaften sind jeweils zwischen Erbfall und Nacherbfall nicht vererblich und nicht übertragbar. Verstirbt mein geschiedener Gatte vor Eintritt des Nacherbfalls ohne Hinterlassung von Abkömmlingen und Verwandten aufsteigender Linie, entfällt die Nacherbfolge. Verstirbt er ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, jedoch unter Hinterlassung sonstiger Verwandter, kann der Vorerbe die Nacherbfolge beseitigen, indem er eine eigene Verfügung errichtet, in der er Erben einsetzt, die nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehören."

2.6.2 Vermächtnislösung

Ohne das gemeinschaftliche Kind den starren Zwängen der Vorerbenstellung zu unterwerfen, kann der Ausschluss des anderen Elternteils von der Erbfolge auch auf schuldrechtlichem Weg erreicht werden durch das aufschiebend befristete Herausgabevermächtnis auf den Überrest[1]. Hierzu ordnet der Erblasser an, dass sein beim Tod des Kindes noch vorhandener Nachlass an eine dritte Person herauszugeben ist. Auf diese Weise kann das Kind als Vollerbe zu Lebzeiten frei über den Nachlass verfügen. Lediglich hinsichtlich seiner Testierfreiheit ist es entsprechend der Nacherbenlösung eingeschränkt. Es besteht jedoch auch hier die Möglichkeit, den Vermächtnisnehmer nach der Dieterle-Klausel zu bestimmen.

Da das Kind gesetzlicher Erbe des/der Testierenden ist, findet die 30-jährige Verjährungsfrist des § 2162 BGB nach § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB keine Anwendung.

Will der Erblasser verhindern, dass das Kind Verfügungen zugunsten des anderen Elternteils vornimmt, ist das Vermächtnis um eine Strafklausel zu erweitern oder Testamentsvollstreckung anzuordnen.

[1] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 6. Kapitel Rn. 39 ff.

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