Beim sog. Behindertentestament lassen sich Vor- undNachvermächtnis und das Vorausvermächtnis miteinander kombinieren[1], um die Risiken[2] zu vermeiden, welche entstehen, wenn dem Behinderten letztwillig zu wenig zugewendet wird.

 

Formulierungsbeispiel

Bedingtes Vorausvermächtnis und Vorvermächtnis für das behinderte Kind in einem Ehegattentestament

Jeder von uns beiden (Anm.: d. h. den Eheleuten) beschwert auf seinen Tod die jeweiligen Miterben unseres behinderten Sohnes ... mit folgendem, bedingtem Vorausvermächtnis: Soweit unserem behinderten Sohn beim jeweiligen Erbfall wegen lebzeitiger Zuwendungen des Erblassers an andere Personen Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Nachlass oder den Beschenkten zustehen, haben die Miterben dem behinderten Sohn einen baren Geldbetrag zu zahlen. Die Höhe dieses Geldvermächtnisses bestimmt sich nach der Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs.

Der behinderte Sohn ist für dieses Geldvermächtnis nur Vorvermächtnisnehmer. Nachvermächtnisnehmer sind seine etwa vorhandenen Abkömmlinge, ersatzweise die Nacherben, die ein jeder von uns vorstehend eingesetzt hat, gemäß ihren dort bestimmten Anteilen. Die Anwartschaft des Nachvermächtnisnehmers ist weder vererblich noch übertragbar.

Das Nachvermächtnis fällt mit dem Tod unseres behinderten Sohnes an. Die bis dahin zu ziehenden Nutzungen stehen dem Vorvermächtnisnehmer zu und dürfen nur in derselben Weise verwendet werden wie die Erträge seines Miterbanteils.

Zur Sicherung der vorstehend angeordneten Verwendung der Nutzungen ordnet jeder von uns Nachvermächtnisvollstreckung an, für welche die vorstehend getroffenen Bestimmungen über die Testamentsvollstreckung am Miterbenanteil unseres behinderten Sohnes gelten.

Das vorstehend angeordnete Vorausvermächtnis ist einschließlich Nachvermächtnis dadurch auflösend bedingt, dass der behinderte Sohn seinen ihm zugewendeten Miterbenanteil ausschlägt oder ihm zustehende Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend macht.

Zwar sind viele Fragen im Zusammenhang mit dem Vor- und Nachvermächtnis beim Behindertentestament strittig[3], jedoch dürfte aufgrund der diversen Entscheidungen des BGH zur Zulässigkeit von den Sozialhilferegressen ausschließenden Lösungen auch dieser Weg unbedenklich sein, soweit nicht die Standardlösung über die nicht befreite Vorerbschaft[4] gewünscht ist.

 
Hinweis

Rechtsfragen betreffend der Gestaltung eines Behindertentestaments werden unter Tz. 2.7. ausführlich erörtert.

[1] Vgl. Weidlich, ZEV 2001 S. 94, 96.
[3] Vgl. die Kritik von Damrau, ZEV 1998 S. 1; Damrau/J. Mayer, ZEV 2001 S. 293; Hartmann, ZEV 2001 S. 89; Watzek, MittRhNotK 1999 S. 37; Weidlich, ZEV 2001 S. 94.
[4] Vgl. hierzu Ziffer 2.7.

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