Leitsatz

Die Parteien stritten um Kindesunterhalt. Der Kläger zu 1) ist der Sohn, die Klägerin zu 2) die Tochter der Beklagten. Beide minderjährigen Kinder lebten bei ihrem Vater. Für die Klägerin zu 2) hatte sich die Beklagte am 11.8.2005 verpflichtet, ab 1.1.2005 Unterhalt i.H.v. 100,00 EUR monatlich zu zahlen.

Erstinstanzlich war die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt worden.

Mit der von ihr eingelegten Berufung wandte sie sich gegen die fiktive Zurechnung von 70,00 EUR monatlich aus einer Nebentätigkeit sowie gegen die Reduzierung ihres Selbstbehalts um 25 % wegen häuslicher Ersparnis aufgrund gemeinsamen Wirtschaftens mit einem Lebensgefährten. Sie hatte zwischenzeitlich ein weiteres Kind aus ihrer neuen Beziehung zur Welt gebracht. Das ihr gewährte Mutterschaftsgeld endete zum 19.2.2007, seit 20.2.2007 erhielt sie nur Erziehungsgeld von monatlich 450,00 EUR. Die Beklagte war nicht berufstätig und hatte in ihrer neuen Partnerschaft die Betreuung des neugeborenen Kindes übernommen, für das sie Kindergeld von 154,00 EUR monatlich bezog.

Die Berufung der Beklagten hatte nur in geringem Umfang Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Der Bedarf der minderjährigen Kinder bestimme sich gem. §§ 1610, 1612 BGB und entspreche aufgrund des Einkommens der Beklagten nach der niedrigsten Einkommensgruppe a) bis 1.000,00 EUR (der Unterhaltstabelle der Unterhaltsleitlinien des OLG Dresden, Stand 1.7.2003 und 1.7.2005) grundsätzlich den sog. Regelbeträgen.

Nach § 1603 BGB liege bei der Beklagten jedoch nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit vor.

Die Beklagte erzielte ab Januar 2005 bis zum Ende des Bezuges des Mutterschaftsgeldes am 19.2.2007 monatliche Nettoeinkünfte von 852,73 EUR aufgrund ihres Beschäftigungsverhältnisses als Fotografin. Nach Auffassung des OLG genügte sie mit dieser Tätigkeit ihrer gesteigerten Erwerbsobliegenheit, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass es für sie als angestellte Fotografin günstigere Verdienstmöglichkeiten und eine entsprechende reale Beschäftigungschance gebe.

Für den Zeitraum bis zur Feststellung ihrer Schwangerschaft (12.5.2006) seien der Beklagten fiktive Einkünfte aus einer ihr zumutbaren Nebentätigkeit nicht in dem vom AG erkannten Umfang, sondern nur von 30,00 EUR zuzurechnen, so dass sich ihr Nettoeinkommen zwischen Januar 2005 bis April 2006 auf 882,73 EUR erhöhe.

Aufgrund ihrer Vollbeschäftigung und den allgemeinen körperlichen Belastungen während einer Schwangerschaft seien ihr Nebentätigkeiten ab Mai 2006 nicht zuzumuten.

Unter Hinweis auf die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung zur Frage der Zumutbarkeit von Nebentätigkeiten sah das OLG Veranlassung, seine bisherige Rechtsprechung (OLG Dresden FamRZ 2005, 1584, OLG Dresden in FamRZ 2003, 1206) zu überdenken. Da die Darlegungs- und Beweislast beim Unterhaltspflichtigen liege, soweit es um die Fragen gehe, ob es Nebentätigkeiten entsprechender Art für den Betreffenden auf dem Arbeitsmarkt überhaupt gebe und der Aufnahme einer solchen Tätigkeit wiederum keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen würden, vertrat das OLG die Auffassung, dass der Unterhaltspflichtige bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit es auch insoweit in der Hand habe, Stellung zu nehmen. Grundsätzlich bestehe für den Pflichtigen bei einer vollschichtigen Tätigkeit kein Anlass, die Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit noch weiter darzulegen. Berufe er sich jedoch auf Leistungsunfähigkeit, wenn nicht einmal die Regelbeträge geleistet werden könnten, so habe er zur Erfüllung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit und der umfassenden Ausnutzung seiner Arbeitskraft vertiefend vorzutragen. Dies erfasse unter Umständen auch den Vortrag zur Unmöglichkeit der Ausübung einer Nebentätigkeit.

Nach Maßstab dieser Kriterien habe die Beklagte hinreichend dargelegt, dass ihr fiktive Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Fotografin nicht zugerechnet werden könnten. Dem stehe bereits die arbeitsvertragliche Regelung entgegen, mit denen ihr aus Konkurrenzgründen eine selbständige Tätigkeit in diesem Bereich untersagt sei.

Ihr könne daher nicht zugemutet werden, dieses Verbot abändern zu lassen, entsprechende Bemühungen seien nicht Erfolg versprechend.

Hinsichtlich des Selbstbehalts der Beklagten vertrat das OLG ebenso wie das erstinstanzliche Gericht die Auffassung, der Beklagten sei zuzumuten, ab März 2005 aufgrund des Zusammenlebens mit einem neuen Lebensgefährten wegen Haushaltsersparnis eine Absenkung ihres notwendigen Selbstbehalts hinzunehmen.

Zwar habe der BGH (BGH v. 23.8.2006 - XII ZR 26/04, MDR 2007, 221 = BGHReport 2006, 1475 = FamRZ 2006, 1664) zwischenzeitlich die Absenkung des Selbstbehalts des gesteigert Unterhaltspflichtigen wegen geringerer Wohnkosten abgelehnt, da es der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen unterliege, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutze. Diese Situation erfasse aber nicht zwingend auch die des Zusammenlebens mit einem Dritten (vgl. BGH v. 20.3.2002 - XII ZR 216/00, BGHReport 2002, 461 m...

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