Leitsatz

In dieser Entscheidung hat sich der BGH mit der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Herabsetzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1578b BGB auseinandergesetzt. Im Übrigen ging es um das grundsätzliche Problem der Feststellung ehebedingter Nachteile als eines der wesentlichen Kriterien des § 1578 BGB, wonach eine in der Vergangenheit liegende Entwicklung nachträglich danach zu beurteilen sei, wie sie mutmaßlich ohne ein bestimmtes Ereignis - die Eheschließung - verlaufen wäre. Der BGH schließt aus der sekundären Darlegungslast, dass der Unterhaltsberechtigte bei seinem Bestreiten des von dem Unterhaltspflichtigen behaupteten Fehlens ehebedingter Nachteile darzulegen habe, welche konkreten Nachteile ihm entstanden seien.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten über nachehelichen Unterhalt sowie dessen Befristung. Die Ehefrau hatte bereits bei Eheschließung im Jahre 1990 keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die nach der Eheschließung begonnenen Ausbildungsverhältnisse brach sie u.a. aus gesundheitlichen Gründen ab und ging seit der Geburt des ersten Kindes zunächst keiner Tätigkeit nach. Erst nach der Trennung und Scheidung übte sie zeitweise eine Geringverdiener- bzw. Teilzeittätigkeit aus.

Das OLG hat eine Befristung des Unterhaltsanspruchs abgelehnt, weil der Beklagte nicht ausreichend dargelegt habe, dass der Klägerin durch die Ehe und die dort gewählte Rollenverteilung keine Erwerbsnachteile entstanden seien. Es sei offen, wie sich die weitere berufliche Entwicklung der Klägerin ohne die Ehe gestaltet hätte. Unwägbarkeiten wirkten sich nach der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Beklagten aus.

Die Klägerin hat sich für ihren Unterhaltsanspruch u.a. auf die Betreuungsbedürftigkeit der unter gesundheitlichen Beschwerden leidenden Söhne berufen. Der Beklagte hat eingewandt, dass der Unterhalt bis Februar 2009 zu befristen sei.

Das AG hat - neben dem Kindesunterhalt - den Ehegattenunterhalt unbefristet ab Februar 2008 i.H.v. 342,00 EUR zugesprochen. Das OLG hat die von dem Beklagten hinsichtlich des Ehegattenunterhalts eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte weiterhin eine Befristung des Unterhalts und die entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ab März 2009.

 

Entscheidung

Der BGH hat zwar bekräftigt, dass der Unterhaltsschuldner, der sich auf den Einwand der Befristung berufe, hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen und somit auch für das Fehlen ehebedingter Nachteile darlegungs- und beweisbelastet sei, diese Darlegungs- und Beweislast gelte jedoch nicht uneingeschränkt.

Der Unterhaltspflichtige müsse die Voraussetzungen der Unterhaltsbegrenzung als Einwendung darlegen und beweisen. Allerdings gebe es nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Beweis negativer Tatsachen Beweiserleichterungen. Diese bürdeten dem Prozessgegner, der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei, eine sog. sekundäre Darlegungslast auf. Der Prozessgegner müsse entsprechende Tatsachen so konkret darlegen, dass die beweisbelastete Partei diese widerlegen könne. Diese Grundsätze hätten Geltung auch für die Unterhaltsbegrenzung.

Der BGH gab seine frühere Rechtsprechung zur Beweislastumkehr auf, nach der bei Nichterkennbarkeit ehebedingter Nachteile der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast für Umstände habe, die einer Unterhaltsbegrenzung entgegenständen. Die Darlegungs- und Beweislast trage vielmehr der Unterhaltspflichtige. Beweisschwierigkeiten sei durch die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten wirksam zu begegnen. Folglich müsse der Unterhaltsberechtigte die Behauptung des Unterhaltspflichtigen, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten. Der Berechtigte müsse seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden seien.

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt. Sie könne ein Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit erzielen. Hinsichtlich der weiteren Vergleichsgröße des ohne die Ehe erzielbaren Einkommens hätte die Klägerin vortragen müssen, dass sie ohne Eheschließung und Kindererziehung höhere Einkünfte möglicherweise aufgrund einer Berufsausbildung erzielen würde. Hierzu bedürfe es des Vortrags von Einzelumständen. Insoweit sei zu würdigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits 22 Jahre alt gewesen und unter regelmäßigen Umständen eine Berufsausbildung nach einem Haupt- oder Realschulabschluss bereits abgeschlossen haben müssen, so dass für ehebedingte Beeinträchtigungen eines Ausbildungsganges keine Anhaltspunkte beständen und konkreter Vortrag hierzu fehle.

 

Hinweis

Der BGH hat mit dieser Entscheidung grundlegend zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Befristung und Herabsetzung nachehelicher Unterhaltsansprüche Stellung genommen. In seiner Entscheidung vom 14.10.2009 (BGH v. 14.10.2009 - XII ZR 146/08 in FamRZ 2009, 1990) war er noch von ...

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