Gesetzestext

 

(1) Die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit,

1. soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden mußte;
2. soweit die Herausgabe gemäß § 528 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgewendet worden ist;
3. soweit in den Fällen des § 5 Abs. 2 unentgeltliche Zuwendungen auf die Ausgleichsforderung angerechnet worden sind (§ 1380 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Entsprechendes gilt, wenn unentgeltliche Zuwendungen bei der Berechnung des nach § 5 Abs. 1 steuerfreien Betrags berücksichtigt werden;
4. soweit Vermögensgegenstände, die von Todes wegen (§ 3) oder durch Schenkung unter Lebenden (§ 7) erworben worden sind, innerhalb von 24 Monaten nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) dem Bund, einem Land, einer inländischen Gemeinde (Gemeindeverband) oder einer inländischen Stiftung zugewendet werden, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar als gemeinnützig anzuerkennenden steuerbegünstigten Zwecken im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung mit Ausnahme der Zwecke, die nach § 52 Abs. 2 Nr. 23 der Abgabenordnung gemeinnützig sind, dient. Dies gilt nicht, wenn die Stiftung Leistungen im Sinne des § 58 Nr. 6 der Abgabenordnung an den Erwerber oder seine nächsten Angehörigen zu erbringen hat oder soweit für die Zuwendung die Vergünstigung nach § 10b des Einkommensteuergesetzes, § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes oder § 9 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes in Anspruch genommen wird. Für das Jahr der Zuwendung ist bei der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer unwiderruflich zu erklären, in welcher Höhe die Zuwendung als Spende zu berücksichtigen ist. Die Erklärung ist für die Festsetzung der Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer bindend.

(2) Der Erwerber ist für den Zeitraum, für den ihm die Nutzungen des zugewendeten Vermögens zugestanden haben, wie ein Nießbraucher zu behandeln.

A. Allgemeines, Normzweck

 

Rz. 1

§ 29 ErbStG regelt den Fall, dass ein Beschenkter den Schenkungsgegenstand aufgrund eines gesetzlichen Rückforderungsrechts oder eines von dem Schenker vertraglich vorbehaltenen Rückforderungsrechts wieder an diesen zurückgeben muss. Die mit dem Vollzug der Schenkung eingetretene Steuerbelastung wird damit wieder beseitigt. Der Beschenkte, der den geschenkten Gegenstand wieder herausgeben muss, erhält mit Vollzug der Rückabwicklung einen Steuererstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Ebenso erhält der Beschenkte einen Erstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, im Fall der Abwendung der Herausgabe des geschenkten Gegenstandes nach § 528 Abs. 1 S. 2 BGB und für den Fall, dass eine Anrechnung der Zuwendungen auf die Zugewinnausgleichsforderung stattgefunden hat, nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Gibt der Beschenkte innerhalb von 24 Monaten nach Erhalt der Schenkung den geschenkten Gegenstand an den Bund, ein Land, eine inländische Gemeinde (Gemeindeverband) oder eine inländische, ausschließlich gemeinnützige Stiftung weiter, so erlischt die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit. Durch § 29 ErbStG wird die Rückabwicklung einer unentgeltlichen Zuwendung geregelt, durch die eine bereits entstandene Steuer zurückerstattet wird. § 29 ErbStG stellt eine ergänzende Vorschrift zu der allgemeinen Regelung des § 47 AO dar.[1] Anders als in § 16 Abs. 2 GrEStG ist jedoch die freiwillige Rückgabe nicht grundsätzlich privilegiert, was zu Recht in Teilen der Literatur als wünschenswert vorgeschlagen wird.[2]

[1] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 29 Rn 2.
[2] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 29 Rn 5.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Anwendung von § 29 Abs. 1 ErbStG

 

Rz. 2

Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt voraus, dass der geschenkte Gegenstand aufgrund eines gesetzlichen oder vertraglichen Rückforderungsrechts herausgegeben werden muss und damit der Beschenkte zur Herausgabe des erworbenen Gegenstandes verpflichtet ist. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kommt es zu einem Erstattungsanspruch des Beschenkten hinsichtlich einer bereits entrichteten Erbschaft- oder Schenkungsteuer. Nachträgliche Vereinbarungen zwischen Beschenktem und Schenker über die freiwillige Rückabwicklung der Schenkung führen indessen nicht zu einem Erstattungsanspruch des Beschenkten. Vielmehr führt dies zu einem weiteren steuerpflichtigen Erwerbsvorgang.[3] Verzichtet der Beschenkte dem Schenker gegenüber auf eine berechtigte Einwendung oder macht er eine Einrede gegenüber dem Rückforderungsanspruch des Schenkers nicht geltend, so entfällt damit auch sein Erstattungsanspruch.[4] Der Beschenkte hat also zu prüfen, ob ihm eine materiellrechtliche Einwendung gegen den Rückforderungsanspruch des Schenkers zustehen könnte, denn ansonsten läuft er Gefahr, den geschenkten Gegenstand zivilrechtlich zurückübertragen zu müssen, aber die für den Erwerb entrichtete Steuer nicht zurückerstattet bekommen zu können, § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Ob auch die Rückabwicklung einer notariell beurkund...

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