Rz. 16

Die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 ff. BGB kommt dann zur Anwendung, wenn der Erblasser nicht durch letztwillige Verfügung von Todes wegen eine abweichende Erbfolge geregelt hat oder durch eine solche letztwillige Verfügung von Todes wegen gerade die gesetzliche Erbfolge bestätigt hat. Auch in den Fällen, dass die letztwillige Verfügung von Todes wegen lückenhaft ist oder lediglich Vermächtnisse, Auflagen oder Teilungsanordnungen enthält, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Häufig ist es auch notwendig, durch Auslegung nach § 2084 BGB zu ermitteln, wer auf welcher Grundlage Erbe geworden ist und ob möglicherweise die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung gelangt.

 

Rz. 17

Zu den gesetzlichen Erben zählen nach den durch die §§ 1924 ff. BGB vorgegebenen Ordnungen die Verwandten in absteigender Ordnung, also die Abkömmlinge nach § 1924 BGB, die Eltern und deren Abkömmlinge nach § 1925 BGB und die Großeltern und deren Abkömmlinge gem. § 1925 BGB, der überlebende Ehegatte nach § 1931 BGB und der bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft überlebende Lebenspartner nach § 10 Abs. 2 LPartG. Der Umfang des Ehegattenerbrechts/Lebenspartnererbrechts bestimmt sich danach, in welchem Güterstand die Eheleute/Lebenspartner im Zeitpunkt des Todes des Erblassers gelebt haben. Lebten die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so regelt § 1931 Abs. 1–4 i.V.m § 1371 BGB das Ehegattenerbrecht. Hatten die Eheleute Gütertrennung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nach §§ 1408, 1414 BGB vereinbart, so verringert sich das Erbrecht des überlebenden Ehegatten nach § 1931 Abs. 4 BGB entsprechend, sofern mehr als ein Kind des Erblassers vorhanden ist. Erbt der überlebende Ehegatte neben Erben der zweiten und dritten Ordnung, so steht ihm nach § 1932 BGB der so genannte Voraus zu. Dabei handelt es sich um einen zusätzlichen Anteil am Nachlass, bestehend aus den Gegenständen, die zum ehelichen Haushalt gehören. Erbt er neben den Verwandten erster Ordnung, erhält er diese Gegenstände, sofern er sie zur Lebensführung benötigt. Entsprechendes gilt für die Lebenspartnerschaft nach § 6 LPartG.

 

Rz. 18

Das deutsche Erbrecht wird vom so genannten Repräsentationsprinzip bestimmt. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge. Abkömmlinge sind sowohl die leiblichen als auch die adoptierten Kinder, § 1741 BGB, auch die als Erwachsene Adoptierten, § 1767 BGB. Die Adoption eines minderjährigen Kindes führt dazu, dass die bisherigen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den leiblichen Eltern und zu den bisherigen Verwandten nach § 1755 BGB beendet werden und zu der annehmenden Person und dessen Verwandten nach § 1754 BGB begründet werden. Der Erwerb von Todes wegen nach der gesetzlichen Erbfolge i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vollzieht sich also nur noch nach dem Verhältnis des angenommenen Kindes zu den Annehmenden und deren Verwandten.[19] Das minderjährige angenommene Kind erwirbt mit der Annahme auch die Staatsangehörigkeit des Annehmenden. Dies ist maßgeblich zu beachten bei der zivilrechtlichen, aber auch bei der steuerrechtlichen Gestaltung der Nachlassplanung.[20]

 

Rz. 19

Die Adoption eines Erwachsenen hat nicht solch umfassende Folgen wie die Adoption eines Minderjährigen. Nach § 1771 BGB bleibt das Verwandtschaftsverhältnis zu den bisherigen Verwandten und den leiblichen Eltern bestehen. Einzig nach § 1772 BGB kann ein Volljähriger mit der Wirkung einer Minderjährigenadoption angenommen werden, sofern die Voraussetzungen dafür nach § 1772 Abs. 1 BGB gegeben sind.

Die Erwachsenenadoption nach §§ 1767 ff. BGB erfolgt durch eine notarielle Beurkundung des Antrages des Annehmenden und des Anzunehmenden nach § 1768 Abs. 1 i.V.m § 1752 Abs. 2 BGB und anschließende Genehmigung des Familiengerichts. Diese bisher als Gestaltungsmittel vorhandene zivilrechtliche Möglichkeit, die Vorteile der Steuerklasse I wahrnehmen zu können, wird künftig aufgrund der deutlich erhöhten Steuersätze für entfernte Verwandten höhere Hürden nehmen müssen. Zu offensichtlich dürfte künftig in vielen Fällen sein, dass eine solche Adoption primär aus Steuergründen erfolgen wird. Die zuständigen Zivilgerichte werden also sicherlich noch häufiger solchen Adoptionen die Genehmigung verweigern, wobei auf die Rechtsprechung zu verweisen ist,[21] wo der Nebenzweck einer Steuerersparnis nicht als schädlich betrachtet wurde, solange der familienbezogene Zweck überwiegt. Die weiteren Entwicklungen der Rechtsprechung zur Erwachsenenadoption sind abzuwarten. Aufgrund der nunmehr deutlichen steuerrechtlichen Schlechterstellung von weiter entfernten Verwandten oder nicht verwandten Dritten bleibt abzuwarten, ob die Zahl der Erwachsenenadoptionen zunehmen wird und die Zivilgerichte deshalb häufig Entscheidungen treffen müssen.[22] Auch für den Fall, dass ein Annehmender selbst leibliche Kinder hat, ist die Adoption eines Erwachsenen als weiteres Kind möglich.[23]

 

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