Rz. 85

Durch Vertragskonstellationen, in denen ein Dreiecksverhältnis geschaffen wird durch die Vereinbarung des Erblassers mit dem Leistungsverpflichteten und dem Begünstigten, wird der Leistungsverpflichtete zu einer Leistung an den Dritten durch den Erblasser verpflichtet. In § 328 BGB wird diese Vertragsbeziehung, der so genannte Vertrag zugunsten Dritter, geregelt. Keine zulässige Vertragsform stellt der Vertrag zu Lasten Dritter da. Ein solcher ist nicht zulässig.

Der Vertrag zugunsten Dritter wird durch zwei Leistungsverhältnisse[175] geprägt: einmal das Rechtsverhältnis zwischen dem Versprechenden (Schuldner) und dem Versprechensempfänger (Gläubiger), das man als Deckungsverhältnis bezeichnet, und einmal das Rechtsverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten, das als Valutaverhältnis bezeichnet wird, sowie das Rechtsverhältnis zwischen dem Versprechendem und dem Dritten, das man als Vollzugsverhältnis bezeichnet, das aber kein vertragliches Verhältnis zwischen den beiden darstellt.[176]

Sowohl das Deckungsverhältnis als auch das Valutaverhältnis können unentgeltlich oder entgeltlich ausgestaltet sein. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG umfasst jedoch lediglich das Valutaverhältnis. Ergibt sich aus dem Valutaverhältnis, dass es sich bei der Zuwendung von Todes wegen um eine Leistung des Versprechensempfängers an den Dritten handelt, dann greift § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG.[177] Das Deckungsverhältnis wird jedoch von der Finanzbehörde genauso betrachtet, weil es Art und Umfang der Leistung und den Dritten bestimmt. In vielen Fällen steht der Dritte nicht abschließend fest, sondern er ergibt sich aus einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen. Dieses nachträgliche Benennungsrecht des Versprechensempfängers (Erblassers) ist in § 332 BGB diesem ausdrücklich vorbehalten.

Hat ein Bezugsberechtigter eines Lebensversicherungsvertrags die Prämien ganz oder teilweise gezahlt, ist die Versicherungsleistung nach dem Verhältnis der vom Versicherungsnehmer/Erblasser gezahlten Versicherungsbeiträge zu den insgesamt gezahlten Versicherungsbeiträgen aufzuteilen; nur dieser Teil unterliegt der Erbschaftsteuer.[178]

In der Praxis häufig anzutreffen sind Fälle der unliebsamen Überraschungen, wonach der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung zwar noch die bisher benannte bezugsberechtigte Person für seinen Todesfall neu benennen wollte, dies dann aber versäumte und im Todesfall dann beispielsweise die lang geschiedene Ehefrau statt der neuen Ehefrau bezugsberechtigt ist. Die Lebensversicherungsgesellschaften haben dazu in der Regel klar formulierte Geschäftsbedingungen, die einen Zugang der schriftlichen Bezugsrechtsänderung vor dem Tod des Erblassers fordern.[179] Bei einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ist dabei zu beachten, dass die Ausübung dieses Wahlrechts durch den Versicherungsnehmer für den Erlebensfall keinen Einfluss auf den Bestand des Bezugsrechts für die Todesfallleistung hat.[180]

Die Anwendung von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG setzt voraus, dass tatsächlich ein Vertrag zugunsten Dritter, wobei dies sowohl eine natürliche wie auch eine juristische Person sein kann,[181] vorliegt. Dies ist dann gegeben, wenn der Dritte ein Forderungsrecht aufgrund eines Vertrages zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger hat. Als weiteres Merkmal muss dann noch die Bedingung gegeben sein, dass der Dritte erst mit dem Tod des Versprechensempfängers den Forderungsanspruch erwirbt. Dies ergibt sich aus der Vermutungsregelung des § 331 BGB. Wird jedoch das Bezugsrecht bei einem Lebensversicherungsvertrag unwiderruflich zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer vereinbart, dann liegt bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein Forderungsrecht des Dritten vor.[182] Es liegt auch für diese Gestaltung ein Fall nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor. Besteuert wird auch hier die Lebensversicherungssumme und nicht nur die einbezahlten Prämien.[183] In Fällen, in denen mehrere Beteiligte an einem Versicherungsvertrag beteiligt sind, stellt sich die Frage, wie der Erwerb der überlebenden Beteiligten zu bewerten ist. Die Versicherungssumme ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 oder § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu erfassen. Der Anteil an der Gemeinschaft bemisst sich dabei nach der im Innenverhältnis vereinbarten Prämienzahlungspflicht. Im Zweifel ist anzunehmen, dass Teilhabern gleiche Anteile zustehen (§ 742 BGB).[184] Bei Ehegatten ist von einer je hälftigen Beteiligung auszugehen, aufgrund ihres Näheverhältnisses.[185]

 

Rz. 86

Soll durch den Abschluss einer kapitalbildenden Lebensversicherung die Bezahlung einer mit dem Tod eines Erblassers fälligen Erbschaftsteuer ermöglicht werden, so ist nunmehr zu beachten, dass bei einer lebzeitigen Abtretung einer solchen Lebensversicherung nunmehr die Lebensversicherung mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen ist, nämlich mit dem Rückkaufswert.[186] Aber auch weiterhin bieten sich in diesem Bereich steuergünstige Gestaltungen an; so sind bei verbundenen Lebensversicherungsverträgen zwischen Ehepart...

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