Rz. 7

Durch so genannte Kettenschenkungen können im Endergebnis höhere Beträge steuerfrei erworben werden als bei einem direkten Erwerb.[16]

 

Beispiel

Schenkung von 400.000 EUR durch einen Elternteil an ein Kind und Weiterschenkung vom Kind an seinen Ehegatten. Bei Direktschenkung vom Elternteil an das Schwiegerkind blieben nur 20.000 EUR steuerfrei.

Die so genannte Kettenschenkung ist nach der Rechtsprechung[17] und Auffassung der Finanzverwaltung nur dann anzuerkennen, wenn der Zwischenerwerber rechtlich, wirtschaftlich und tatsächlich frei über den ihm geschenkten Betrag verfügen kann. Für die Anerkennung der Zwischenschenkung ist wichtig, dass der Erwerber keine rechtliche Verpflichtung übernimmt, das Geschenkte in irgendeiner Weise vollständig weiterzugeben. Bei der Frage, ob eine Verpflichtung zur Weitergabe besteht, kommt es nach der Rechtsprechung nicht nur auf den Wortlaut der Vereinbarung, sondern maßgeblich auch darauf an, ob die konkreten Umstände des Einzelfalls, namentlich die Ausgestaltung der Verträge unter Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander, stark darauf hindeuten, dass der zunächst Bedachte nach dem Gesamtplan und den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten keine eigene Entscheidungsmöglichkeit mehr haben soll. Nachteilig sind in der Praxis Vereinbarungen in/bei der Zwischenschenkung (in einer oder direkt nacheinander folgenden notariellen Schenkungsurkunde),[18] die schon Verhältnisse der späteren Weiterverschenkung regeln. Dazu wird neben der strikten inhaltlichen Trennung der Vereinbarung auch ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen der ersten und der nachfolgenden Zielschenkung empfohlen.

Unschädlich ist,[19] dass

der ursprünglich Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt;
der zuerst Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen kann;
die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinander folgenden Urkunden vereinbart wird;
zwischen den Schenkungen kein zeitlicher "Sicherheitsabstand" liegt.

Siehe noch Erläuterungen zu §§ 7 und 9 ErbStG.

[16] Aus der Literatur zu Kettenschenkungen: Gebel, ZEV 2005, 263; Lehnen/Hanau, ZErb 2006, 149; Riedel, ZErb 2002, 224; Sauren, ZErb 2001, 129; Viskorf, NWB Fach 10, S. 715; Wenhardt, ErbStB 2007, 40, Billig, UVR 2013, 311; Taplan/Baumgartner/Baumgartner, DStR 2014, 2153; Halaczinsky, UVR 2021, 274.
[17] BFH v. 6.5.2015 – II R 35/13, BFH/NV 2015, 1412. Das Urteil enthält grundsätzliche Ausführungen zur Behandlung von Weiterschenkungsverpflichtungen; BFH v. 18.7.2013 – II R 37/11, BStBl II 2013, 934 gegen FG München v. 15.6.2011 – 4 K 396/11, EFG 2011, 1816 und FG München v. 25.5.2011 – 4 K 960/08, EFG 2011, 1733, nachdem der Zwischenerwerber schenkungsteuerrechtlich grds. nicht bereichert sein soll, wenn er den Gegenstand sogleich weiterschenkt, selbst wenn zivilrechtlich zwei Zuwendungen anzunehmen sind. In dem BFH-Urt. v. 18.7.2013 wird die Rspr. zu "Kettenschenkungen" zusammengefasst.
[18] Vgl. FG Hessen v. 24.10.2007 – 1 K 268/04, ErbStB 2008, 5 m. Anm. Rothenberger. Tendenziell werden die Finanzämter Kettenschenkungen, die an einem Tag und in einer notariellen Urkunde oder in direkt nacheinander folgenden Urkunden ausgeführt werden, skeptisch betrachten und die Zwischenschenkung nicht als solche anerkennen.
[19] Eine Anwendung der Grundsätze des § 42 AO ist insoweit nicht zu befürchten.

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