Rz. 23

Unverzinsliche, befristete Kapitalforderungen[86] und Schulden, die eine feste Laufzeit (definiert durch einen feststehenden Fälligkeitszeitpunkt) von mehr als einem Jahr haben, sind gem. § 12 Abs. 3 BewG nicht mit ihrem Nennbetrag, sondern mit ihrem Gegenwartswert anzusetzen. Dieser ergibt sich als Differenz von Nennbetrag und Zwischenzinsen (unter Berücksichtigung von Zinseszinsen), wobei ein Zinssatz von 5,5 v.H. p.a. zugrunde zu legen ist.[87] Voraussetzung für die Durchführung der Abzinsung ist neben der Unverzinslichkeit lediglich, dass am Stichtag eine noch verbleibende Mindestlaufzeit von mehr als einem vollen Jahr besteht. Bei einer Laufzeit bis zu einem Jahr sowie bei Forderungen/Verbindlichkeiten ohne feststehenden Fälligkeitszeitpunkt findet eine Abzinsung nicht statt.[88] Eine Kapitalforderung, die jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, hat keine Laufzeit i.S.v. § 12 BewG. Sie ist deshalb stets ohne Rücksicht auf die Höhe des vereinbarten Zinssatzes mit dem Nennbetrag anzusetzen.[89] Hat nur der Schuldner ein einseitiges Kündigungsrecht, ist für die Abzinsung die eigentlich vereinbarte Laufzeit maßgeblich, denn mit einer vorzeitigen Kündigung des Schuldners ist in derartigen Fällen grundsätzlich nicht zu rechnen.[90]

 

Rz. 24

Eine unverzinsliche Kapitalforderung oder Schuld liegt vor, wenn entweder eine Verzinsung nicht vereinbart wurde oder diese sogar ausdrücklich ausgeschlossen ist.[91] Maßgeblich ist insoweit allerdings nicht zwingend der Wortlaut der Vereinbarung. Vielmehr kommt es auf den wirtschaftlichen Gehalt an. Aus diesem Grunde ist trotz ausdrücklichen Ausschlusses der Verzinsung in der vertraglichen Vereinbarung keine Unverzinslichkeit anzunehmen, wenn die vereinbarten Raten objektiv einen Zinsanteil enthalten.[92] Dasselbe gilt, wenn der Darlehensnehmer anstelle von Zinsen (in Geld) andere für den Darlehensgeber vorteilhafte Gegenleistungen erbringt.[93]

Wegen der Berechnung des Gegenwartswerts wird auf die gleich lautenden Ländererlasse vom 10.10.2010[94] Bezug genommen.

[86] Vgl. zu sonstigen Vermögensgegenständen (konkret depot- bzw. fondsgebundene Term-Fix-Lebensversicherungen) FG Nürnberg v. 12.9.2018 – 4 K 498/17, UVR 2019, 74; FG Köln v. 30.1.2019 – 7 K 1364/17, EFG 2019, 1122.
[87] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 12 Rn 20; vgl. zur Angemessenheit des vorgegebenen Zinssatzes FG Düsseldorf v. 28.7.2021 – 4 K 865/21 Erb, EFG 2021, 1735.
[89] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 12 Rn 25.
[90] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 12 Rn 25.
[91] BFH v. 25.6.1974 – VIII R 163/71, BStBl II 1975, 431; vgl. zur zinslosen (lebenslangen) Stundung eines Zugewinnausgleichsanspruchs BFH v. 22.8.2018 – II R 51/15, BStBl II 2020, 95; Wachter, DB 2019, 215; Münch, ZEV 2019, 98.
[92] FG München v. 25.5.1992 – 15 K 4028/91, EFG 1992, 738.
[94] BStBl I 2010, 810, Tz. 3.1.

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