Rz. 5

§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG umfasst zum einen die gesetzlichen Rückforderungsrechte. Im Einzelnen fallen darunter folgende gesetzlich normierte Rückforderungsrechte:

 

Rz. 6

Im Rahmen von Schenkungen

§ 527 BGB (Schenker unterlässt den Vollzug einer Auflage)
§ 528 BGB (Verarmung des Schenkers), wobei § 529 BGB hinsichtlich der Verjährung zu berücksichtigen ist. Zu beachten ist dabei auch der sozialrechtliche Überleitungsanspruch nach § 93 SGB XII
§ 528 BGB ist vertraglich nicht abdingbar[11]
§ 530 BGB (Widerruf der Schenkung)
§ 530 Abs. 2 BGB (Widerruf durch den Erben des Schenkers)
§ 1301 BGB (Herausgabeanspruch des schenkenden Verlobten bei Unterbleiben der Eheschließung)
 

Rz. 7

Aufgrund erbrechtlicher Ansprüche

§ 2113 Abs. 1 und 2 BGB (Beeinträchtigende Verfügungen zu Ungunsten des Nacherben)
§§ 2287, 2288 BGB (Beeinträchtigende Verfügungen zum Nachteil der Erben/Vermächtnisnehmer)
§ 2339 BGB (Pflichtteilsunwürdigkeit)
 

Rz. 8

Ungerechtfertigte Bereicherung

§§ 812 ff. BGB[12] (Schenkung wird angefochten, Rechtsgrund der Schenkung entfällt)
 

Rz. 9

Insolvenzrecht

§§ 129 ff. InsO (Anfechtung von für die Gläubiger nachteiligen Rechtshandlungen)
§ 3 Abs. 3 und 4 AnfG
 

Rz. 10

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage stellt ebenfalls einen Anspruch des Schenkers auf Rückübertragung des geschenkten Gegenstandes dar, was in der Folge dann auch die Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zur Folge hat. Der in § 313 BGB geregelte Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung zum 1.1.2002 vom bis dahin als Richterrecht entwickelten Rechtsinstitut in das Zivilgesetzbuch als gesetzliche Grundlage aufgenommen worden. Die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage setzt voraus, dass Umstände, die von den Vertragsparteien als Grundlage für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages angenommen wurden, ohne dass diese ausdrücklich vertraglich geregelt wurden, später weggefallen sind oder sich wesentlich verändert haben.[13] Kommt eine Anpassung der vertraglichen Grundlagen nicht in Betracht, wird das Rechtsgeschäft rückabgewickelt. Die Prüfung der subjektiven und objektiven Geschäftsgrundlage hat trotz der gesetzlichen Kodierung mit Vorsicht zu erfolgen. Denn die Finanzverwaltung wird den Erstattungsanspruch nur gewähren, wenn tatsächlich ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen werden kann und eine bloße Anpassung der vertraglichen Grundlagen ausscheidet. Für die Praxis hilfreich könnte dabei ein Formulierungsvorschlag von Wachter[14] sein, der ein Abhängigmachen der Rückgabe des geschenkten Gegenstandes von der Gewährung des Steuererstattungsanspruches vorschlägt. Gleichwohl bleibt es für die Praxis bei der für den Beschenkten problematischen Situation, dass die Finanzverwaltung einer Rückgabe des geschenkten Gegentandes aufgrund der Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage eher kritisch gegenübersteht und im Zweifel eine freiwillige Rückschenkung annimmt, mit der Folge, dass der Erstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht gewährt wird.[15] Kann der Finanzverwaltung hingegen ein zivilgerichtliches Urteil über das Wegfallen der Geschäftsgrundlage vorgelegt werden, wird diese kaum noch Einwendungen gegen die Gewährung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geltend machen können. Die bei Übergabeverträgen immer auftretenden Fälle, dass sich die Vertragsparteien über den Anfall oder die Höhe der Schenkungsteuer geirrt haben, und die Frage, ob dies zu einer Gewährung von § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt, wenn das Rechtsgeschäft rückabgewickelt wird, wurde letztinstanzlich vom BFH bisher nicht entschieden. Das FG Rheinland-Pfalz[16] hat in dem Fall, dass die Vertragsparteien einen fachlichen Rat bezüglich des Anfalls und der Höhe einer Schenkungsteuer für die Übertragung eines Grundstückes von Vater auf Tochter in Anspruch genommen haben, entschieden, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen werden konnte und damit für den Fall der Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts dann auch § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzuwenden sei. Begründet wurde dies damit, dass eine Vertragsanpassung in einem solchen Fall ausscheidet. Da die Frage, ob dieser Fall tatsächlich zu einem Erstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt, letztinstanzlich noch nicht geklärt wurde und auch in der Literatur keine abschließende Meinung dazu besteht, ist für den Fall, dass der Anfall und die Höhe von Schenkungsteuer von maßgeblicher Bedeutung für die Vertragsparteien sind, zu empfehlen, im Übertragungsvertrag zu regeln, dass für den Fall des Anfalls von Schenkungsteuer oder des Anfalls einer höheren Schenkungsteuer als von den Vertragsparteien angenommen der Vertrag widerrufen werden kann. Auch wenn in § 313 BGB die Geschäftsgrundlage nun gesetzlich geregelt ist, sollte dies nach h.M. aus Gründen der Vorsicht und bisher nicht abschließender Klärung dieser Thematik in den Vertrag aufgenommen werden.[17] Der BGH hat mit seiner...

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