Rz. 57

Für den Fall, dass von einem steuerpflichtigen Vorgang sowohl Inlands- als auch Auslandsvermögen erfasst wird, enthalten § 21 Abs. 1 S. 2 und 3 ErbStG besondere Regelungen. Diese zielen darauf ab, eine durchgängige Besteuerung wenigstens mit dem deutschen Steuerniveau sicherzustellen. Ein höheres ausländisches Steuerniveau soll die nicht auf Auslandsvermögen entfallende deutsche Steuer nicht mindern können.[124] Ein Erstattungsanspruch für über der sich nach deutschem Recht ergebenden Besteuerung liegende ausländische Steuern besteht ohnehin nicht.[125] Die ausländische Steuer kann maximal bis zur Höhe der deutschen Steuer auf diese angerechnet werden,[126] wobei jedoch die Bemessungsgrundlage der inländischen Steuer grds. ohne vorherigen Abzug der im Ausland angefallenen Steuerlast bestimmt wird. Denn sonst würde die ausländische Steuer durch Abzug von der Bemessungsgrundlage einerseits und spätere Anrechnung auf die deutsche Erbschaftsteuer andererseits zweimal berücksichtigt. Der steuerpflichtige Erwerb ist daher grds. ohne Berücksichtigung der im Ausland gezahlten Steuer zu bestimmen, erforderlichenfalls muss die ausländische Steuer wieder hinzugerechnet werden.[127]

 

Rz. 58

Besteht der steuerpflichtige Erwerb sowohl aus Inlands- als auch aus Auslandsvermögen (sog. Mischerwerb), ist der Betrag der anzurechnenden ausländischen Erbschaftsteuer (Anrechnungsbetrag) durch eine Verhältnisrechnung zu ermitteln. Hierbei wird der Teil der ausländischen Erbschaftsteuer ermittelt, der auf das Auslandsvermögen i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ErbStG entfällt. Um die Berechnung nicht zusätzlich zu verkomplizieren, wird unterstellt, dass alle Teile des steuerpflichtigen Erwerbs gleichmäßig mit Erbschaftsteuer belastet sind. Soweit im Ausland verschiedene Erwerbsgegenstände unterschiedlichen Steuertarifen unterliegen, ist ein Durchschnittssteuersatz zu bilden.[128] Es gilt die Formel:

Anrechnungsbetrag = deutsche Erbschaftsteuer x (steuerpflichtiges Auslandsvermögen / steuerpflichtiger Erwerb i.S.v. § 10 ErbStG)

 

Rz. 59

Der Wert, mit dem das Auslandsvermögen in die Berechnung einbezogen wird, ist ausschließlich nach den deutschen Bewertungsvorschriften zu ermitteln; die Sachverhaltsbehandlung im Ausland spielt insoweit keine Rolle.[129] Das muss auch für etwaige sachliche Steuerbefreiungen nach inländischem oder ausländischem Recht (etwa Privilegierungen wie nach §§ 13 sowie 13a ff. ErbStG) gelten.[130] Die Maßgeblichkeit der deutschen Bewertungsvorschriften führt konsequenterweise auch dazu, dass bei der Bewertung des Auslandsvermögens steuerfreie Vermögensgegenstände außer Ansatz bleiben. Dies gilt selbstverständlich auch bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs i.S.v. § 10 ErbStG.[131]

 

Rz. 60

Schulden sind bei der Ermittlung des Auslandsvermögens nur insoweit abzuziehen, wie sie mit dem Auslandsvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Soweit ein konkreter wirtschaftlicher Zusammenhang einzelner Schulden bzw. Nachlassverbindlichkeiten zum Auslands- oder zum Inlandsvermögen nicht eindeutig ermittelt werden kann, sind diese grundsätzlich entsprechend dem Werteverhältnis zwischen Brutto-Inlandsvermögen und Brutto-Auslandsvermögen aufzuteilen.[132] Hierauf kann im Einzelfall verzichtet werden, wenn sich eine Berücksichtigung beim Auslandsvermögen auf den abzugsfähigen Teil der ausländischen Steuern nicht auswirkt.[133]

 

Rz. 61

Umstritten ist, wie persönliche Freibeträge des Steuerpflichtigen sich auf die Anrechnung auswirken. Die überwiegende Ansicht geht wohl davon aus, dass persönliche Freibeträge insgesamt unberücksichtigt bleiben sollen.[134] Andere meinen die persönlichen Freibeträge sollten vom Gesamtvermögen in voller Höhe und vom Auslandsvermögen anteilig (entsprechend dem Werteverhältnis des Auslandsvermögens zum steuerpflichtigen Erwerb i.S.v. § 10 ErbStG) abgezogen werden. Im Ergebnis kann dieser Streit aber mangels praktischer Auswirkungen vernachlässigt werden.[135]

 

Rz. 62

 

Beispiel

Der im Ausland lebende Großvater, dessen Kinder bereits vorverstorben sind, vererbt seinem in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Enkelkind ein Vermögen von insgesamt 4 Mio. EUR. Hiervon entfallen 3 Mio. EUR auf Inlandsvermögen und 1 Mio. EUR auf Auslandsvermögen i.S.v. § 121 BewG. Neben den vorgenannten Nachlassaktiva bestehen Verbindlichkeiten i.H.v. insgesamt 800.000 EUR. Hiervon stehen 500.000 EUR in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Inlandsvermögen, 100.000 EUR in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Auslandsvermögen. Weitere 200.000 EUR lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Die im Ausland angefallene, unter § 21 Abs. 1 ErbStG fallende Erbschaftsteuer soll 300.000 EUR betragen.

Da das Enkelkind im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist, fällt nach deutschem Recht folgende Erbschaftsteuer an:

19 % von (4 Mio. EUR ./. 0,8 Mio. EUR Nachlassverbindlichkeiten ./. 400.000 EUR persönlicher Freibetrag =) 2,8 Mio. EUR = 532.000 EUR.

Der Anteil des Auslandsvermögens am Gesamterwerb beträgt ¼; somit ist von den nicht ei...

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