Rz. 7

Die Anzeigepflicht der Beteiligten ist gem. § 30 Abs. 3 ErbStG grundsätzlich auf Sachverhalte eingeschränkt, bei denen das Finanzamt auf deren Mitwirken angewiesen ist. D.h., dass der Erwerber grundsätzlich keine Anzeige erstatten muss, wenn das Finanzamt schon aufgrund anderer Erkenntnisse über den Erwerb informiert ist bzw. zu informieren ist.[20] Die Kenntnis von Umständen, die nur zur Prüfung Anlass geben, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt, genügt nicht.[21] Beruht der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen und ergibt sich aus der Verfügung unzweifelhaft[22] das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft, bedarf es keiner Anzeige des Erwerbes; entsprechendes gilt, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist. In letzterem Fall besteht nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 ErbStG, § 8 ErbStDV eine Anzeigepflicht der Notare. Mit "Verhältnis" ist das Rechtsverhältnis gemeint, das den steuerbegründenden Tatbestand auslöst bzw. ausgelöst hat.[23] Allerdings: Erwerbe von Todes wegen, die auf einer von einem ausländischen Gericht oder einem ausländischen Notar eröffneten Verfügung von Todes wegen beruhen und Schenkungen, die von einem ausländischen Notar beurkundet werden, sind stets durch den Erwerber, im Schenkungsfall auch durch den Schenker anzuzeigen, weil die ausländischen Gerichte und Notare nicht der Anzeigepflicht nach § 34 ErbStG unterliegen. Erwerbe aus Direktversicherungen gem. § 3 Abs. 3 ErbStDV brauchen nicht angezeigt zu werden. Die Befreiung von der Verpflichtung zur Anzeige eines Erwerbs nach § 30 Abs. 3 ErbStG gilt auch für Fälle, in denen wegen des Bestehens einer aufschiebenden Bedingung, Befristung oder Betagung die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer erst später, d.h. unter Umständen erst Jahre nach der amtlichen Eröffnung der Verfügung von Todes wegen entsteht. Es obliegt der Finanzverwaltung, durch geeignete Maßnahmen solche Steuerfälle – soweit erforderlich auch über viele Jahre – zu überwachen.[24] Eine Anzeigepflicht ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Erblasser im Testament das Verwandtschaftsverhältnis zum Erwerber falsch bezeichnet hat. Besteht nach § 30 Abs. 3 ErbStG keine Anzeigepflicht, kann eine solche auch nicht später bei neuerer Erkenntnis entstehen, ebenfalls kann dann auch keine Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO begründet werden. Dementsprechend scheidet eine Hinterziehung aus, wenn jemand – ohne dass eine Anzeigepflicht besteht – später, z.B. im Nachlass, bedeutsames Vermögen findet und dieses dem Erbschaftsteuerfinanzamt nicht anzeigt.[25]

 

Rz. 8

Rückausnahme: Gehören zum Erwerb Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften, deren Erwerb nicht von Vermögensverwahrern/-verwaltern nach § 33 ErbStG (zum Umfang der Anzeigepflichten siehe Erläuterungen zu § 33 ErbStG) angezeigt werden muss, oder Auslandsvermögen, besteht bei Erwerben von Todes wegen Anzeigepflicht, auch wenn z.B. der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht. Nach dem (unklaren) Gesetzeswortlaut besteht in den genannten Fällen in vollem Umfang Anzeigepflicht; d.h. die Anzeige ist nicht beschränkt auf die Vermögensgegenstände, die nicht der Anzeigepflicht nach § 33 ErbStG unterliegen, oder die sich im Ausland befinden. D.h. im Umkehrschluss, dass Vermögensgegenstände, die zum Inlandsvermögen gehören und der Anzeigepflicht nach § 34 ErbStG unterliegen, z.B. Kapitalvermögen, weiterhin nicht angezeigt werden müssen. Gehören z.B. zu einem inländischen Betriebsvermögen Auslandskonten, entstünde gleichwohl keine Anzeigepflicht, wenn ein testamentarischer Erwerb vorliegt. Im Endergebnis kann durch die Rückausnahme nach § 30 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ErbStG auch die Verpflichtung entstehen, einen Erblasser wegen einer Steuerhinterziehung zu offenbaren. Beispiel: Ein Erblasser E hat erhebliches Kapitalvermögen (Aktien) im Ausland angelegt und die Anlage bisher verschwiegen. Durch Testament bestimmte er Person P zu seinem Alleinerben. An sich wäre P wegen der Testamentseröffnung gem. § 30 Abs. 3 ErbStG nicht anzeigepflichtig (so bei Erwerben bis 31.12.2008); ab 2009 muss P den Erwerb des Auslandsdepots anzeigen. Dadurch erlangt das Finanzamt auch die Möglichkeit, zu prüfen, ob E die Erträge bisher versteuert hat. Falls das nicht der Fall war, muss P als Gesamtrechtsnachfolger die steuerlichen Pflichten des E nachträglich erfüllen und ggf. entsprechenden Steuernachzahlungen leisten.

[21] Vgl. BFH v. 28.5.1998 – II R 54/95, BStBl II 1998, 647; BFH v. 8.3.2017 – II R 2/15, BStBl II 2017, 751. Bei einer mittelbaren Schenkung hat die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der vollzogenen Schenkung, wenn sie alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen.

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